Grenzkontrollen am Brenner: Deutschland und Österreich sehen Italien in der Pflicht
Im Streit um Grenzkontrollen am Brenner haben Deutschland und Österreich die Verantwortung Italiens betont. "Was am Brenner geschieht, liegt zuallererst in der Hand Italiens", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere.
Im Streit zwischen Österreich und Italien über Grenz-Kontrollen sieht Deutschland die Regierung in Rom in der Pflicht. "Was am Brenner geschieht, liegt zuallererst und vordringlich in der Hand Italiens", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem neuen österreichischen Kollegen Wolfgang Sobotka am Freitag in Potsdam. Der CDU-Politiker erklärte, man habe Sorge, dass es über Libyen und Italien erneut zu steigenden Flüchtlingszahlen in Europa komme werde.
Auch Sobotka machte deutlich, dass es Aufgabe Italiens sei, einen massenhaften Andrang von Flüchtlinge an der Grenze zu verhindern. In Libyen warteten schätzungsweise zwischen 200.000 und einer Million Menschen auf die Gelegenheit, in die EU zu reisen, sagte der Österreicher. Rund 70 Prozent davon seien Wirtschaftsmigranten. Österreich wolle nicht, dass seine Grenzen überrannt würden. Daher seien Vorbereitungen für den Bau eines Zauns am Brenner-Pass und eines Registrierzentrums getroffen worden. Die Barriere solle aber nur errichtet werden, falls es nötig sein sollte.
"Wir brauchen eine europäische Gesamtlösung", sagte Sobotka. Solange es die nicht gebe, müsse eine nationale Vorsorge getroffen werden. De Maiziere räumte ein, für eine europäische Lösung brauche es noch "ein paar Tage Zeit". Der deutsche Minister hob hervor, durch das Abkommen zwischen der EU und der Türkei habe sich die Balkanroute "erledigt".
Über die Balkanstaaten waren bislang die meisten Flüchtlinge nach Zentraleuropa gereist, nachdem sie von der Türkei nach Griechenland übersetzten. Befürchtet wird, dass die Passage über das Mittelmeer nach Italien für Hunderttausende Hilfesuchende zur Ausweichroute wird. Beide Minister plädierten daher für Abkommen mit den Maghreb-Staaten analog zum EU-Türkei-Abkommen.
Frontex: Keine Anzeichen für Verschiebung der Flüchtlingsrouten
Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex gibt es bislang keine Anzeichen dafür, dass Flüchtlinge seit Inkrafttreten der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei statt der Ägäis-Route die Passage über das westliche Mittelmeer Richtung Italien nutzen. Es gebe bislang „keinen Ausweicheffekt“, sagte Frontex-Sprecherin Ewa Moncure am Freitag dem Tagesspiegel. Zwar habe sich im März die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge erhöht, doch bei diesen Flüchtlingen handele es sich in der Regel um Migranten aus Afrika, sagte sie. Im März, als das EU-Türkei-Abkommen in Kraft trat, wurden nach den Angaben von Frontex in Italien knapp 10.000 Flüchtlinge und damit mehr als doppelt so viele wie im Vormonat registriert. Dabei handelte es sich den Angaben zufolge in erster Linie um Flüchtlinge aus Nigeria, Somalia und Gambia. (rtr/ame)