Migrationsausblick der OECD: Deutschland hat so viel Zuwanderung wie nie
2013 kamen 465.000 Zuwanderer dauerhaft nach Deutschland. Die OECD sieht klare Fortschritte bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft fordert einen Abschiebestopp für Flüchtlinge in der Ausbildung.
Deutschland ist das gefragteste Zuwanderungsland hinter den USA – Tendenz steigend. Das geht aus dem am Montag in Paris und Berlin veröffentlichten Internationalen Migrationsausblick der OECD hervor. Demnach kamen 2013 rund 465 000 Zuwanderer dauerhaft nach Deutschland. Der Anstieg war dabei so kräftig wie in keinem anderen OECD-Land. Gleichzeitig gab es klare Fortschritte bei der Integration von Zuwanderern in den deutschen Arbeitsmarkt. So gab es den stärksten Anstieg bei der Beschäftigungsquote von Zuwanderern.
Insgesamt mehr als vier Millionen Menschen wanderten 2013 auf Dauer in die 34 OECD-Staaten ein – ein Prozent mehr als 2012. „Ohne den kräftigen Anstieg in Deutschland wäre die Zuwanderung in die OECD leicht rückläufig“, erklärt dazu der Bericht. Auch die Zahl der Asylbewerber nahm deutlich zu – jeder fünfte der 550 000 Bewerber in den OECD-Staaten stellte seinen Antrag in Deutschland. Der Trend sei für die Zuwanderung aber kaum von Bedeutung, weil nur eine Minderheit der Antragsteller auch auf Dauer in Deutschland zugelassen werde, hieß es.
Die Wirtschaft forderte unterdessen einen Abschiebestopp von Flüchtlingen in der Ausbildung. Ansonsten seien Unternehmen kaum bereit, Asylbewerber einzustellen, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, in der ARD.
Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert eine bessere Ausbildung für Zuwanderer
Nachholbedarf gibt es bei hoch qualifizierten Migranten. Die OECD empfiehlt noch mehr Anstrengungen bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Problematisch sei auch, dass viele Jugendliche mit Migrationshintergrund Deutsch schlecht lesen und schreiben können. Deutschland müsse bei der Ausbildung junger Menschen aus Zuwandererfamilien „besser werden“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Eröffnung des Integrationsgipfels am Montag. Die Anstrengungen seien dann ein Erfolg, wenn „genauso viele Menschen mit Migrationshintergrund einen Schulabschluss haben, einen Studienplatz annehmen oder eine Facharbeiterausbildung machen“ wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund.
Experten sehen die deutsche Debatte angesichts der aktuellen Zahlen noch zu ausschließlich mit den Einwanderern der letzten Jahrzehnte und ihren Nachkommen beschäftigt. „Die neuen Zuwanderer sind eine sehr große Gruppe, die man nicht unterschätzen darf“, sagte Herbert Brücker, Migrationsexperte des Nürnberger Instituts für Arbeits- und Berufsforschung. Zwei Drittel der Migranten, die aktuell in Deutschland leben, seien im Ausland geboren. Und sie seien wesentlich verantwortlich für die besseren Daten zur Ausbildungssituation von Migranten: „Wer heute kommt, ist deutlich besser qualifiziert, hat häufiger einen Hochschulabschluss als die hiesige Bevölkerung – wenn auch oft ebenfalls keine abgeschlossene Berufsausbildung.“
Um diesen neuen Migranten zu helfen, sei anderes nötig als für den Nachwuchs der älteren Migrantenfamilien: „Ihre Abschlüsse müssen rascher anerkannt werden, sie brauchen gezielte Förderung, um sich in Deutschland zurechtzufinden. Und sie brauchen eine bessere Arbeitsvermittlung.“
Andrea Dernbach