Scholz trifft Macron: Deutscher Wahlkampf in Paris
SPD-Kandidat Scholz streicht beim Treffen mit Frankreichs Staatschef Macron seine Europa-Kompetenz heraus. Am Mittwoch ist sein Konkurrent Laschet an der Reihe.
Viele Wege führen ins Kanzleramt. Dass ein Abstecher nach Frankreich, zum wichtigsten Partner Deutschlands in der EU, im Wahlkampf nicht schaden kann, ist sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet bewusst. Ein Auftritt gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron – das zeugt von Kanzlertauglichkeit. Dabei hat Scholz gegenwärtig nicht nur in den Umfragen die Nase vorn, sondern auch bei der Terminvergabe im Elysée-Palast. Der SPD-Kandidat wurde am Montag von Macron empfangen, die Reise des Unions-Spitzenmannes Laschet nach Paris ist erst am Mittwoch geplant.
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Zwei Dinge dürften dazu beigetragen haben, dass Scholz als Erster einen Termin beim Staatschef bekam. Der Finanzminister hatte bei einer Fernsehdebatte vor zwei Monaten die Frage, wohin ihn seine erste Auslandsreise als Kanzler führen würde, klipp und klar beantwortet: „Nach Paris.“ Dagegen hatte Laschet geantwortet, dies erst zum gegebenen Zeitpunkt zu entscheiden.
Noch wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass Scholz in Paris als derjenige wahrgenommen wird, der im vergangenen Jahr in Berlin entscheidend am Zustandekommen des Corona-Fonds der EU mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro mitgewirkt hat. Frankreich erhält rund 40 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds und ist damit nach Italien und Spanien das drittgrößte Empfängerland.
Scholz: Es geht um die „Souveränität Europas“
Nach dem einstündigen Gespräch mit Macron bekräftigte Scholz, dass die gemeinsame Antwort der Europäer angesichts der Corona-Krise ein großer Fortschritt sei, „den vor vielen Jahren niemand der Europäischen Union zugetraut hätte“. Deutschland und Frankreich spielten auch künftig eine entscheidende Rolle dabei, um die „Souveränität Europas“ zu sichern, sagte Scholz.
Die Corona-Krise hat auch dazu geführt, dass innerhalb der EU die Schuldenregeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes vorübergehend ausgesetzt wurden. Auf die Frage, ob er sich im Sinne Frankreichs für eine weitere Lockerung des Stabilitätspaktes einsetzen würde, antwortete Scholz am Montag in Paris, dass die bestehenden Schuldenregeln bereits ein großes Maß an Flexibilität vorsähen. Mit diesem Bewegungsspielraum und einer gemeinsamen Strategie müsse sichergestellt werden, dass die Wachstumsoptionen der EU-Länder nicht gefährdet würden, sagte er.
SPD-Kandidat wirbt für seine Idee vom Klimaclub
Der SPD-Kanzlerkandidat bezeichnete zudem den Klimawandel als ein „Top-Thema“ für die Politik in Deutschland und Frankreich. Er habe mit Macron darüber gesprochen, wie mit Hilfe eines internationalen Klimaclubs Wettbewerbsnachteile für diejenigen Länder vermieden werden können, die sich zur Klimaneutralität verpflichtet haben. Man dürfe nicht zulassen, dass Importe nach Europa den Erfolg bei der Energiewende gefährden, weil anderswo auf der Welt „unter anderen Maßstäben“ produziert werde. Das Konzept der Bundesregierung für einen Klimaclub, das auf die Initiative von Scholz zurückgeht, ist nach den Worten des Finanzministers auf internationaler Ebene „eine Einladung mitzumachen“.
Auch Laschet ist in Paris kein Unbekannter
Derweil ist auch Laschet, der nun zwei Tage nach Scholz in der französischen Hauptstadt seine Europa-Kompetenz herausstreichen will, in Paris kein Unbekannter. Seit 2019 ist der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Bevollmächtigter Deutschlands für die Zusammenarbeit mit Frankreich im Kulturbereich. Und als im vergangenen Jahr zum Nationalfeiertag in Paris die „Helden der Corona-Krise“ geehrt wurden, war auch Laschet unter den Gästen.
Baerbock verzichtet auf Paris-Reise
Annalena Baerbock verzichtet indes darauf, ihr Wahlkampf-Programm durch eine Tour nach Paris zu ergänzen. In dieser Woche nimmt die Grünen-Spitzenkandidatin unter anderem Termine in Berlin, Frankfurt am Main und Halle wahr. Statt eines staatstragenden Auftritts in Frankreich geht es für die Öko-Partei in diesen Tagen in erster Linie darum, in dem Umfragen nicht komplett den Anschluss an die Union und die SPD zu verlieren. Ohnehin kennen sich die Grünen-Politikerin und Macron bereits: Baerbock hatte den französischen Staatschef gemeinsam mit ihrem Co-Parteivorsitzenden Robert Habeck im Februar des vergangenen Jahres am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz getroffen.