Flüchtlinge: Deutlich weniger Schutzsuchende nach Deutschland eingereist
Lediglich 3136 Flüchtlinge wurden am Sonntag bei der Einreise nach Deutschland registriert - deutlich weniger als in den Wochen zuvor. Ein Grund könnte der Sturm in der Ägäis sein.
Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Deutschland ist in den vergangenen Tagen stark zurückgegangen. Nachdem in den letzten Wochen pro Tag mehr als 7000 Migranten einreisten, zählte die Bundespolizei am Sonntag nach Angaben eines Sprechers bundesweit 3136 Einreisen, am Samstag 2650. Von den 5786 Flüchtlingen am Wochenende kamen 4208 in Bayern an. Ein Sprecher des Innenministeriums verwies am Montag auf sehr starken Wind in der Ägäis als eine mögliche Ursache für den Rückgang. Dort machen sich viele Menschen mit dem Boot vom türkischen Festland aus auf den Weg in Richtung griechische Inseln, um danach die Balkanroute in Richtung Westeuropa zu nutzen.
Im November stellte die Bundespolizei damit bislang 216.000 eingereiste Menschen fest. Die Prognose des Bundes von 800.000 Flüchtlingen für das Gesamtjahr ist damit bereits deutlich überschritten. Seit mehr als zwei Wochen kamen fast jeden Tag zwischen 7000 und 8000 Menschen nach Deutschland. Bis zum 8. November waren es sogar noch mehr als 8000 gewesen. Die Zahl von 10.000 Einreisen am Tag, die in den warmen Monaten keine Seltenheit war, wurde zuletzt am 5. November überschritten. Die Zahlen beruhen auf Kontrollen in Grenznähe. Nicht alle dieser Migranten bleiben aber in Deutschland.
Ein Grund für die abnehmende Zahl an Neuankömmlingen könnten auch Barrieren für Flüchtlinge entlang der Balkanroute sein. So lässt etwa Slowenien seit rund zwei Wochen nur noch Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan passieren. Polizisten haben begonnen, an der Grenze einen Zaun zu errichten.
Auch in Österreich kamen weniger Flüchtlinge an
Am österreichisch-slowenischen Grenzübergang in Spielfeld warteten sich nach Polizeiangaben am Montag um 12 Uhr gerade Mal zehn Flüchtlinge auf ihre Weiterreise, auf slowenischer Seite gar keine. Nach einigen ruhigen Tagen ohne Neuankünfte waren in der Nacht von Samstag auf Sonntag 1537 Flüchtlinge in Spielfeld eingereist. Dort laufen derzeit Vorbereitungsarbeiten zur Errichtung von Barrieren, mit denen Österreich einen sicheren und geordneten Grenzübergang ermöglichen möchte.
In Kärnten war die Lage ebenfalls ruhiger als in den vergangenen Wochen. Dort reisten am Samstag nach Polizeiangaben 1608 Migranten nach Österreich ein, am Sonntag 1178. Einzelne Zug- und Bustransporte für Flüchtlinge von Slowenien nach Österreich wurden abgesagt.
Große Hoffnungen setzen Deutschland und andere EU-Länder auf die Verabredung mit der Türkei vom Sonntag. Das Land hat sich verpflichtet, den Transit von Flüchtlingen in Richtung Europa einzudämmen. Im Gegenzug stellt die EU der Türkei eine raschere Abschaffung des Visumszwangs und Finanzhilfen von drei Milliarden Euro zur Versorgung von Flüchtlingen vor Ort in Aussicht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte sich nicht dazu äußern, welche Reduzierung der Flüchtlingszahlen dadurch zu erwarten sei.
Streit in Koalition könnte neue Asylregeln verzögern
Union und SPD ringen derweil weiter um eine Verständigung auf schärfere Asylregeln, zu denen die Errichtung spezieller Aufnahmezentren gehören, in denen bestimmte Gruppen von Migranten ein Asyl-Schnellverfahren durchlaufen sollen. Sprecher der Regierung verwiesen auf laufende Gespräche. Wenn die Regierung die Maßnahmen noch in diesem Jahr beschließen will, müssten sie eigentlich am Dienstag das Kabinett passieren. Die Chancen wurden in der Koalition wegen der Streitpunkte aber als gering eingestuft. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) verlangte derweil eine Senkung der Standards für die Betreuung und Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge, die ohne Begleitung nach Deutschland kommen. (rtr)