zum Hauptinhalt
Wenigstens die unbegleiteten Kinder holen, die in den Flüchtlingslagern derzeit unter unhaltbaren Zuständen leben?
© imago images/ITAR-TASS

Flüchtlingskinder aus Griechenland holen?: Der völlig falsche Vorschlag

Das Thema Migration ist zu komplex für symbolträchtige Vorschläge zur Rettung Einzelner. Wenn das doch endlich mal verstanden würde! Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Und wieder eine Debatte über Flüchtlingspolitik, die typisch für Deutschland zu sein scheint. Es geht um die politische Forderung, unbegleitete Kinder und Jugendliche aus den menschenunwürdigen Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln vor der türkischen Küste nach Deutschland zu holen. Das ist auf der einen Seite dramatisierender, kompromissloser Idealismus: Wenn wir diese gefährdete Gruppe nicht abholen, besteht Lebensgefahr. Auf der anderen Seite nüchterne Folgenabschätzung: Hilfe ja, aber vor Ort und kooperativ.

Ist das ein Kampf von spontaner Menschlichkeit gegen autoritäre Gleichgültigkeit? Es ist eher die Absicht von einzelnen Parteien und Gruppen, sich zu profilieren oder bei bestimmten Wählergruppen einen politischen Vorteil zu verschaffen. Was unterschwellig passiert, ist aber gravierender. Es gibt, abgesehen vom Klimaschutz, kaum ein komplexeres Thema als Migration unter den Bedingungen von weltweit hoher Mobilität und Internetnutzung.

Die Debatte muss rationaler werden, nicht emotionaler

Es auf nationaler und EU Ebene debattenmäßig immer wieder so aufzuladen, dass es polarisiert und spaltet, ist nicht nur ein demokratisches Trauerspiel, sondern eine politische Katastrophe. Als gäbe es in der Migrationsfrage nicht schon einen Überschuss an teilweise explosiver Radikalität am rechten Rand. Nötig ist das Gegenteil, nämlich diese Frage aus der Dauer-Konfliktzone herauszuholen. Wie das geht, zeigt sich beim Einwanderungsgesetz (in Kraft ab März), das nach einer Umfrage des Allensbach-Instituts 77 Prozent der Bevölkerung unterstützen.

Was gut ankommt ist, die erwünschte, kontrollierte Einreise von Fachkräften, die die sozialen Sicherungssysteme stützen. Was dagegen mehrheitlich gefürchtet wird, ist die unkontrollierte Einreise von Nicht-Schutzbedürftigen, die heute nach wie vor die Regel ist. In diesem Punkt alles zu unterlassen, was dieses Risiko weiter fördert, könnte politisches Vertrauen aufbauen. Der Vorschlag, Tausende von Kindern ohne geprüfte Schutzgründe sogar staatlich gefördert aufzunehmen, gehört nicht dazu.

Zur Startseite