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Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).
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Sigmar Gabriel und Saudi-Arabien: Der Vizekanzler übt den Spagat zwischen Wirtschaft und Werten

Vor dem Abflug nach Saudi-Arabien versucht Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowohl wirtschaftlichen Interessen als auch westlichen Werten gerecht zu werden. In seiner Delegation wird kein Rüstungslobbyist dabei sein.

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel war es eine Art Generalprobe vor einer der schwierigsten Reisen seiner bisherigen Amtszeit. Wenige Tage, bevor der Wirtschaftsminister am Wochenende nach Saudi-Arabien und in zwei Golfstaaten aufbricht, traf er am Mittwoch in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Pankow einen wichtigen Vertreter des saudischen Königshauses. Ali Ibrahim al Naimi, Minister für Öl und Bodenschätze, saß dort gemeinsam mit dem Vizekanzler auf dem Podium einer Tagung zur Sicherheit der Energieversorgung.

Wirtschaftlich ist Saudi-Arabien für Deutschland ein hoch attraktiver Partner. Doch die Stockhiebe für den saudischen Blogger Raif Badawi haben der Öffentlichkeit in Erinnerung gerufen, wie schlecht es in dem autokratisch regierten Staat um die Menschenrechte steht. Trotzdem ist das Land ein strategischer Partner des Westens beim Versuch, Stabilität in der Region zu schaffen und die Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu bekämpfen.

Was Gabriel zu Menschenrechten zu sagen hatte, konnte al Naimi gut verstehen. Der Vizekanzler sprach wie der Ölminister durchgängig Englisch. „Ich glaube, dass jede staatliche Handlung immer das Gesetz und die fundamentalen Rechte des Individuums respektieren muss“, sagte Gabriel, ohne den Namen Badawi zu erwähnen. Zwar müsse man gegenseitig „die Werte und das Rechtssystem“ achten. Doch die Achtung der universalen Menschenrechte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit seien entscheidend für ihn selbst „und für die deutschen Bürger, die darauf großen Wert legen“.

Der Ölminister stürzte vom Podium

Die Unterstützer des Bloggers empört gerade die Unverhältnismäßigkeit der Körperstrafe für eine Meinungsäußerung, die das saudische Gericht als Beleidigung des Islam wertete. Badawis Frau appellierte an Gabriel, sich vor Ort für dessen Freilassung einzusetzen. Der Vizekanzler aber will vorher nicht verraten, wie er mit dem Fall umgehen wird. Bei Reisen in andere autokratische Regime traf er sich mit Menschenrechtlern. Dass eine Intervention des deutschen Gastes hinter verschlossenen Türen eine Freilassung Badawis bewirken könnte, bezweifeln Kenner des Landes allerdings.

Gabriel steht nicht nur in der Menschenrechtsfrage unter Druck. Die Opposition wirft ihm vor, er genehmige trotz gegenteiliger Versprechen weiter massiv Waffenexporte nach Saudi-Arabien, was sein Ministerium bestreitet. Diesem Verdacht will Gabriel keine neue Nahrung geben: Seiner Wirtschaftsdelegation für die Reise gehören Vertreter der erneuerbaren Energien, des Gesundheitssektors und Spezialisten für Infrastrukturausbau an, aber keine Rüstungslobbyisten.

Ölminister al Naimi erklärte, er wolle das Geschäft mit deutschen Spezialisten für erneuerbare Energien ausbauen. Kaum hatte er seine Rede beendet, stürzte der rund 80-Jährige vom Podium, verletzte sich aber nicht. In der Debatte zeigte der Minister dann Humor. Auf eine Frage meinte er: „Ich kann nicht sagen, wie der Ölpreis in Zukunft aussehen wird. Wenn ich das könnte, wäre ich nicht hier, sondern in Las Vegas.“

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