"Unsere Väter, unsere Mütter": Der Unterschied zwischen AK und SS
In Polen stößt der ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ auf Empörung. Die polnische Untergrundarmee werde verfälscht dargestellt - als antisemitische Organisation.
„Wer erklärt den Deutschen, dass AK und SS nicht dasselbe waren?“, fragt besorgt die größte polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“. Zwar hat in Polen fast niemand den ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ gesehen, doch die Kunde über die dilettantische Darstellung der polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa, AK) in dem Film bahnt sich ihren Weg. In dem Film werde, so erste Kommentare, die AK mindestens genauso antisemitisch wie die Waffen-SS dargestellt. „Das ist also die deutsch-polnische Freundschaft!“, regt sich ein polnischer Internetnutzer auf. Noch immer würden die Deutschen die Slawen gering schätzen, folgert er.
Stein des Anstoßes ist vor allem die Schilderung des Schicksals des Berliner Juden Viktor im dritten Teil des Films. Viktor kann sich zusammen mit seiner polnisch-jüdischen Freundin 1944 aus dem Transport nach Auschwitz zuerst zu einem polnischen Bauern retten und gerät von dort dank der Hilfe von dessen Sohn in Ostpolen in einen Partisanenverband der antikommunistischen AK. Doch auch dort muss er seine Herkunft verbergen, denn die polnischen Partisanen prahlen mit Sprüchen wie „Die Juden ertränken wir wie Katzen“. Als der Verband einen deutschen Bahntransport stoppt, werden die Viehwaggons voller Juden nicht geöffnet, denn die Juden, so die Partisanen, seien ebenso schlimm wie die Kommunisten und Russen. „Besser tot als lebendig“, sagen die Partisanen, und Viktor kann nichts dagegen tun. Immerhin bekommt er vom Kommandanten eine Pistole zum Abschied geschenkt, als schließlich herauskommt, dass Viktor selbst ein Jude ist. „Mehr kann ich für dich nicht tun“, verabschiedet ihn der Partisanenführer.
In den 270 Minuten des Filmes hätten die 21 Millionen deutschen Zuschauer eigentlich nur Polen als Antisemiten gesehen, heißt es nun. Offizielle Proteste gegen den Dreiteiler gibt es aber noch nicht. Bisher hat einzig die polnische Botschaft in Berlin gegen ein Erklärstück zum Film in der „Bild“-Zeitung protestiert. „Diese partisanenartig organisierten Männer und Frauen sind nationalistisch, antisemitisch und antisowjetisch eingestellt“, schrieb das Boulevardblatt über die AK. Überhaupt habe der in Osteuropa weitverbreitete Antisemitismus den Nazis die Ermordung der Ostjuden erleichtert. „Dies ist ein sehr vereinfachtes Bild“, schreibt die Botschaft in einem von „Bild“ in der Leserbriefecke veröffentlichten Protestschreiben höflich. Dass es Antisemiten unter den AK-Partisanen gegeben hat, wird in den Schreiben nicht verneint. Diesen dunklen Fleck der polnischen Geschichte haben mittlerweile fast alle politischen Kreise in Polen zumindest zur Kenntnis genommen.
Doch die AK bekämpfte nicht nur den Antisemitismus in den eigenen Reihen, sie hatte auch Juden in ihren Verbänden und wurde vom jüdischen Untergrund unterstützt – so wie sie auch den Ghettoaufstand in Warschau vor 70 Jahren mit Waffenlieferungen unterstützte. „Die Heimatarmee war nie an der Exterminierung der jüdischen Bevölkerung beteiligt“, schreibt die polnische Botschaft und weist darauf hin, dass gut ein Viertel der von der Holocaustgedenkstätte Jad Vashem Ausgezeichneten polnische Bürger seien. Betont wird in diesen Zusammenhang in Polen immer wieder, dass jenen, die unter der deutschen Besatzung Juden versteckten, oft weit härtere Strafen drohten als in Deutschland selbst oder auch im besetzten Frankreich. Manchmal wurden ganze polnische Familien erschossen.
„Ich denke nicht, dass die Deutschen den Polen bewusst die Verantwortung für den Holocaust in die Schuhe schieben wollten“, meint der Kommentator der „Gazeta Wyborcza“. „Es handelt sich dabei eher um eine Folge der Ignoranz.“ In polnischen Internetforen hingegen konnte man am Montag weit härtere Einschätzungen lesen. „Darf man noch daran erinnern, dass die Deutschen uns überfallen, ermordet und beraubt haben und uns nun die Verantwortung dafür geben wollen?“, schreibt ein gewisser Pomylony in einem politisch rechts stehenden Diskussionsportal. Seit langem sei schließlich bekannt, dass vergewaltigte Frauen selbst darum gebeten hätten, schließt Pomylony bitter.