Baden-Württemberg: Der Südwesten setzt auf eine gefühlvolle Werbekampagne: "Wir können alles - außer Hochdeutsch"
Steiff und Daimler, Boss und Fischer-Dübel, alles Qualitätsprodukte aus Baden-Württemberg und, weil erfolgreich, tauglich zur Werbung. Erwin Teufel, der bodenständige Landeschef, sieht dies schon lange so.
Steiff und Daimler, Boss und Fischer-Dübel, alles Qualitätsprodukte aus Baden-Württemberg und, weil erfolgreich, tauglich zur Werbung. Erwin Teufel, der bodenständige Landeschef, sieht dies schon lange so. Doch der fleißige Mann eignet sich nicht zum Marketing. Wenn der Ministerpräsident wegen der brillanten Bilanz seines Landes ins Schwärmen gerät, hat dies den Charme buchhalterischer Beweisführung.
Werbung aber muss auf das Gefühl zielen. So hat sich Baden-Württemberg zu einer professionellen Imagekampagne entschlossen. Gestern war es soweit: Die Werbeagentur Scholz und Friends in Berlin und die Regierenden aus Stuttgart luden zur Vorschau der Spots und Clips ein. Wenige Stunden später schon konnten die Fernseh-Gucker aus der gesamten Republik nachziehen: Fünfzig Sekunden vor den Nachrichten in ARD, ZDF oder n-tv sind zunächst fünf dieser kleinen Filmchen geschaltet. Zwei- bis dreimal die Woche. Zusätzlich ist die Sympathiewerbung in Kinos zu sehen. Die Kernbotschaft lautet: "Erfolgreich, weil menschlich". Das, so der in der Staatskanzlei zuständige und wegen der Image-Aktivitäten schon mal als "Propagandaminister" apostrophierte Christoph Palmer, sei der Leitsatz. Explizit tauche die Formel nicht auf.
Was auftaucht, sind hingegen Kühe, Dübel, ein Klavier und Baby-Fläschchen. Wer auftaucht, sind Artur Fischer (der Mann der Dübel), Christoph Sonntag (der Kabarettist) oder Marie-Luise Bodendorff (1. Preis Jugend musiziert). Die schnell geschnittenen, weich gezeichneten Bilder folgen aktueller Werbeästhetik. Dazwischen geben die Frauen und Männer in dem ihnen eigenen Idiom kurze Statements zu Leben und Werk ab. Musikalisch schließlich schweben Mensch und Ding auf frühlingshaft leichtem Klavier- und Geigen-Reigen. Dann, nach gut 40 Sekunden, die Einblendung: "Baden-Württemberg". Schnitt. "Wir können alles". Schnitt. "Außer Hochdeutsch".
Herzlich gelacht habe er, gab Ministerpräsident Teufel zu Protokoll. Ihn habe die Ironie bestens erreicht. Sein Vize und Wirtschaftsminister Walter Döring lobt: "Scholz und Friends haben Baden-Württemberg verstanden." Die Berliner Werber haben schon ganz andere von einem angestaubten Image befreit: Mit der Anzeigen-Werbung für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ("Dahinter steckt immer ein kluger Kopf") konnten sie groß punkten. Der Kunde Baden-Württemberg sorgt bei Scholz und Friends für einen vergleichsweise kleinen Umsatzposten. 20 Millionen Mark stehen bereit. Angesichts des Budgets jedenfalls werde "kein Überdruß an Baden-Württemberg-Werbung aufkommen", formuliert Sebastian Turner von Scholz und Friends.
Gleichwohl war die Herausforderung groß. Denn der Südwesten leidet, wie die Marketing-Experten herausgefunden haben, unter einem "Wahrnehmungsproblem". Der Mensch aus dem Land des Bollenhuts gilt als Streber. Turner muss es wissen. Der Werbe-Mann stammt aus Stuttgart. Deshalb auch die Therapie: Ironie als Herzensbrecher. Erstmals setzen die Ruf-Macher von der Spree bei einer Länder-Kampagne auf das Medium Fernsehen. In Tageszeitungen laufen kleine Anzeigen mit TV-Hinweisen: Hingucker mit knackigen Anreiß-Sprüchen a la "Über Dübel grübeln".
Im Ausland setzen Scholz und Friends auf geldsparendes Direktmarketing: Einige hundert "Multiplikatoren" sollen persönlich angeschrieben werden. "The first love of your baby was a Baden-Württemberger" steht da beispielsweise auf einem Päckchen, das an einen "Topp-Entscheider" gehen soll. Drin ist ein Steiff-Teddy. Baden-Württemberg, das Land von Daimler, Bosch und Spätzle ganz emotional.
Gabriele Renz
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