Wikileaks-Gründer Julian Assange: "Der richtige Krieg fängt gerade erst an"
Seit 2012 lebt Wikileaks-Gründer Julian Assange aus Angst vor einer Auslieferung in der Botschaft Ecuadors in London. Schweden hat nun die Ermittlungen wegen Vergewaltigung eingestellt. Frei ist er damit noch nicht.
Überraschende Wende im Fall Julian Assange: Nach rund siebenjährigen Ermittlungen hat die schwedische Staatsanwaltschaft das Vergewaltigungsverfahren gegen den Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks eingestellt. Sie sehe keine Möglichkeit, dass Assange „in naher Zukunft“ ausgeliefert werden könnte, erklärte Staatsanwältin Marianne Ny in Stockholm. Auch der europäische Haftbefehl gegen Assange werde zurückgezogen. Das Verfahren sei aber nicht deshalb eingestellt worden, weil alle Beweise in diesem Fall ausgewertet worden seien. Die Schuldfrage sei nicht geklärt, betonte Ny. Die Staatsanwaltschaft habe schlicht keine Möglichkeit gesehen, die Ermittlungen gegen den 45-Jährigen weiter voranzubringen.
Der Australier war 2010 in Großbritannien wegen der Vergewaltigungsvorwürfe festgenommen worden, kam dann aber auf Kaution frei. 2012 flüchtete er in die Botschaft Ecuadors in London, um einer Festnahme zu entgehen. Er befürchtete, nach Schweden und anschließend in die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm eine lange Haft droht.
Endgültig erledigt ist der Fall für Schweden aber noch nicht. Ny schloss eine Wiederaufnahme der Ermittlungen der Ermittlungen nicht aus – wenn Assange vor der Verjährung des Verbrechens im August 2020 aus eigenem Antrieb nach Schweden einreise.
Der Anwalt des Wikileaks-Gründers, Per Samuelson, sprach dennoch von einem „totalen Sieg“. Assange selbst kritisierte am Freitag, dass er sieben Jahre ohne Anklage festgehalten worden sei. Fünf Jahre davon habe er in der ecuadorianischen Botschaft in London verbringen müssen. „Das kann ich nicht vergeben und nicht vergessen“, sagte Assange am Freitag auf dem Balkon der Vertretung. „Der richtige Krieg fängt gerade erst an.“ Zu Beginn seines Auftritts reckte er die Faust.
Ecuador bietet politisches Asyl an
Ecuador forderte indes freies Geleit für den Wikileaks-Gründer. Das Vereinigte Königreich müsse Assange nun eine sichere Passage garantieren. Wenn Großbritannien dies gewähre, sei Assange in Ecuador willkommen, sagte Außenminister Guillaume Long am Freitag auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Quito. Doch trotz der schwedischen Entscheidung kann Assange die Botschaft derzeit nicht verlassen, ohne verhaftet zu werden. Die Londoner Polizei erklärte am Freitag, Assange werde nach wie vor gesucht, da er die Kaution hatte verfallen lassen und nicht vor Gericht erschienen war. Allerdings sei dies „ein viel weniger schwerwiegendes Verbrechen“.
Staatsanwältin Ny bestritt, dass das Ende der Ermittlungen mit einer möglichen Strafverfolgung von Assange durch die US-Behörden zusammenhänge. Im April hatten US-Medien berichtet, die Behörden bereiteten eine Anklage gegen ihn vor, über die unter anderem brisante US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht wurden.
Erst am Mittwoch war die amerikanische Whistleblowerin Chelsea Manning vorzeitig aus der Haft entlassen worden. 2010 hatte Wikileaks tausende Seiten vertraulicher Dokumente veröffentlicht, das von der IT-Spezialistin Manning im Irak gestohlen worden war. Manning wurde dafür zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, doch US-Präsident Barack Obama verkürzte am Ende seiner Amtszeit ihre Haft. (mit dpa)