Politik: „Der Richter ist befangen“
Zu Beginn des Al-Tawhid-Prozesses erheben Verteidiger Vorwürfe
Die Stimmung ist eisig. Und dies nicht nur, weil zu Beginn des Prozesses gegen vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Organisation Al Tawhid im neuen Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes die Klimaanlage defekt ist. „Ihr Verhalten, Herr Vorsitzender“, hebt einer der Verteidiger mit Blick auf Ottmar Breidling an, „löst in meinem Mandanten das starke Gefühl der Besorgnis der Befangenheit aus, und deshalb lehnen wir sie ab“. Doch bevor der Verteidiger des Hauptangeklagten im Al-Tawhid-Prozess seine Sicht der Dinge begründen kann, schneidet ihm der Richter das Wort ab und lässt zunächst die Anklage durch Bundesanwalt Dirk Fernholz verlesen.
Der klagt die vier Männer arabischer Herkunft an, in Deutschland Anschläge gegen jüdische Einrichtungen vorbereitet zu haben. In diesem Zusammenhang sollen sie Waffen beschafft und Pässe gefälscht haben. „Sie waren in ein internationales Netz von Terroristen, in den Kampf von Bin Laden und Al Zarqawi eingebunden", formuliert Fernholz und schildert, dass sie aus dem Nahen Osten ihre Aufträge erhalten hätten. Den Ermittlern liegt ein Telefongespräch vor, in dem der inzwischen von den USA im Irak mit Kopfgeld gesuchte Abu Musab al Zarqawi einem der Angeklagten seine Befehle gibt. „Ich bin unzufrieden, macht schneller“, schimpft er darin.
Zahlreiche Telefongespräche zwischen Al Zarqawi und zum Beispiel Abu D., den die Bundesanwälte für den Anführer der Zelle in Deutschland halten, haben die Ermittler in der Zeit zwischen Herbst 2001 und Frühjahr 2002 mitgehört. Den ersten Hinweis bekamen sie von US-Geheimdiensten, die mit Hilfe ihrer weltweiten Telefonüberwachung Al Zarqawi ins Visier genommen hatten.
Zur Al-Tawhid-Gruppe in Deutschland gehört auch der 2003 verurteilte Shadi Abdallah. Den hat der gleiche Senat des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der geplanten Anschläge für vier Jahre hinter Gitter geschickt. Shadi Abdallah war – im Gegensatz zu den Angeklagten - bereit, mit dem Gericht zu kooperieren. Neben den abgehörten Telefongesprächen werden seine Aussagen das Verfahren beherrschen.
Weil der Senat Shadi Abdallah verurteilt und dessen Berichte über Anschläge und seine Erfahrungen im Ausbildungscamp von Osama bin Laden in Afghanistan für glaubwürdig gehalten hat, steht er unter Beschuss der Verteidiger. Doch deren Befangenheitsantrag dürfte wenig Aussicht auf Erfolg haben. Der Prozess soll bis Juli dauern.
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