AfD und Verfassungsschutz: Der Prozess um den "Prüffall" ist für die Galerie
Ein Gericht entscheidet über Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes - dabei muss man wissen dürfen, was der Staat mit Parteien macht. Ein Kommentar.
Demnächst will das Verwaltungsgericht Köln entscheiden, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD als „Prüffall“ melden durfte, als Beobachtungsobjekt auf der Vorstufe. Ein Eilverfahren, Antragsteller ist die AfD. Weil der Fraktionsjustiziar noch ein bisschen Wind machen wollte, hat er beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags ein Gutachten bestellt. Es rügt eine Stigmatisierung der Partei und zweifelt an der Rechtsgrundlage.
Es dürfte ein Prozess sein, bei dem die öffentliche Aufmerksamkeit umgekehrt proportional zur tatsächlichen Bedeutung ist. Erstens wird, egal wer unterliegt, wohl Beschwerde erheben. Dann geht das Ganze vor das Oberverwaltungsgericht. Und zweitens: Was ändert das alles am Ergebnis? Im Prinzip kaum etwas. Die Nachricht ist auf amtlichem Weg in die Welt gelangt; das dazugehörige Materialwerk mit Quellen und Zitaten, die die verfassungsfeindlichen Haltungen belegen sollen, wurde unter der Hand verteilt. Alle sind also bestens informiert.
Der Verfassungsschutz ist zur Wahrheit verpflichtet
Schlimm? Eher nicht. Mit großem Tamtam haben die Landesämter letztes Jahr die Beweise zusammengetragen, es gab Treffen und Konferenzen, und am Ende musste es auch irgendeine Entscheidung geben. Wenn ein Parlamentarier oder Journalist dann gefragt hätte, ob das BfV über die AfD öffentlich zugängliche Informationen sammelt, hätte das Amt dies wahrheitsgemäß beantworten müssen: mit Ja. Zwar vertritt das zuständige Verwaltungsgericht Köln noch immer die Ansicht, operative Arbeit des BfV sei vor Transparenz geschützt; aber im Fall einer politischen Partei wäre das kaum durchzuhalten gewesen. Parteien sind zu wichtig. Wähler sollten es wissen dürfen, wenn der Verfassungsschutz eine ganze Partei ins Visier nimmt.
Vielleicht wäre es klüger gewesen, abzuwarten. Und vielleicht hätte man auch auf die bemühte Kategorisierung als „Prüffall“ verzichten können. Doch ein Drama war der Vorgriff nicht. Und dass der Katalog mit den rechten und radikalen Sünden mittlerweile im Netz kursiert, ist auch kein Untergang. Alles, was drinsteht, hat ohnehin öffentlich stattgefunden. Auf manches ist die AfD womöglich sogar stolz. Entsprechend niedrig war die amtliche Einstufung als „Verschlusssache – nur für Dienstgebrauch“.
Das Problem wird sich nicht noch einmal stellen
Es ist ein Rechtsstreit für die Galerie. Das Problem, um das es geht, wird sich absehbar nicht noch einmal stellen. Trotzdem, es gibt eine interessante Seite: Auch die BfV-Pressemitteilung mit dem „Prüffall“ war amtliche Öffentlichkeitsarbeit, wie zuletzt der umstrittene Twitter-Beitrag des Berliner Regierenden, der vor den Verfassungsgerichtshof kam. Dafür gilt Neutralität, Sachlichkeit und Wahrung der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb. Es kann nicht falsch sein, wenn Richter dazu wieder ein paar Worte verlieren.