Angela Merkel in Wildbad Kreuth: Der nächste Streit zwischen der Kanzlerin und der CSU
Bei einem Besuch der Kanzlerin in Kreuth giftet die CSU wieder gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Doch die bleibt bei ihrem Kurs.
Dieser Zufall kommt der CSU zupass: Genau an dem Tag, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen eine CSU-Tagung in Wildbad Kreuth besucht, verkündet das Nachbarland Österreich eine ziemlich drastische Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. So wie Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer das auch für Deutschland und seine überlasteten Kommunen will. Seit Monaten streitet er deshalb mit der Unions- Schwester. Es geht um eine drastische Wende in der Flüchtlingspolitik, und viele spekulieren schon, dass die Kanzlerin stürzt, wenn sie an der Aufgabe scheitert, diese Krise zu bewältigen.
Kommt es nun zum Showdown im abgeschiedenen, verschneiten Tegernseer Tal, wo sich mit Angela Merkel, Horst Seehofer und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die wichtigsten Protagonisten der deutschen Flüchtlingspolitik am Mittwoch treffen? Seehofer grinst im engen Foyer der CSU-Tagungsstätte jedenfalls schon, als er auf Angela Merkel wartet. Angesprochen auf die Neuigkeiten aus Wien, sagt er: „Das ist eine gute Regierung.“ Und: „Es kommt alles anders, als Ihr glaubt.“ Es werde keinen Umsturz geben. Der Abgeordnete Oliver Jörg meint hingegen später: „Derzeit fühle ich mich Österreich weit näher als der Bundeskanzlerin.“ Ein anderer Teilnehmer beschreibt die eigenen Abgeordneten als „höflich und anständig“.
"Europa steht auf dem Spiel", sagt einer
Als Merkel eintrifft, wartet tatsächlich ein Trachtenverein auf, zwei Kinder überreichen einen Blumenstrauß. Der Landtags-Fraktionsvorsitzende Thomas Kreuzer gibt sich zunächst freundlich, hält sich dann aber plötzlich nicht mehr zurück. Es gebe „nicht viel Zeit, um zu handeln“, sagt er zu Merkel. Jetzt würden schon wieder 3000 Flüchtlinge am Tag kommen.
Erst am Vormittag hat ein Sprecher der Bundespolizei in München mitgeteilt, dass die Zahl der an der bayerischen Grenze neu ankommenden Flüchtlinge in den vergangenen Tagen teils deutlich unter der Marke von 3000 Menschen gelegen habe. Mehr seien es zuletzt am 9. Januar gewesen. Bayerns Finanzminister Markus Söder hält Merkel trotzdem vor, dass „die Lage aus dem Ruder gelaufen“ sei. Die Grenzen offen zu lassen, sei ein „schwerer Fehler“. Auch Kreuzer sagt, dass man „nationale Maßnahmen nicht ausschließen“ dürfe. Dann sagt er zu Merkel: „Ganz herzlich willkommen!“
26 Parlamentarier erzählen in ihren Wortmeldungen oft auch sehr persönlich, wie sie die Lage belaste und dass dies nicht mehr länger gut gehe. „Europa steht längst auf dem Spiel“, sagt einer. Dennoch gibt es von Merkel keinerlei Entgegenkommen. Sie setzt weiter auf eine europäische Lösung – und bleibt damit bei ihrem Kurs. Das war beim CSU-Parteitag im vergangenen November schon so und auch in Wildbad Kreuth vor zwei Wochen. Von einer Obergrenze oder von Grenzschließungen spricht sie nicht. Merkel will weiter „bei den Fluchtursachen ansetzen und europäische Lösungen suchen“. Doch sie deutet ein Zeitfenster an. Mitte Februar findet der EU-Rat statt. „Danach können wir eine weitere Zwischenbilanz ziehen“, sagt die Kanzlerin, „und sehen, wo wir stehen.“