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Regierungstruppen des Irak feuern Raketen gegen den IS ab.
© Reuters

Im Krieg gegen IS: Der Iran kämpft im Irak gegen die Terroristen

In der Entscheidungsschlacht um Tikrit gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) greift der Iran direkt in seinem Nachbarland Irak ein. Der Westen hält sich zurück. Der Vorstoß kommt ins Stocken.

Gut einen Monat nach der Vertreibung der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) aus der nordsyrischen Stadt Kobane hat im benachbarten Irak eine neue wichtige Schlacht im Feldzug gegen die Extremisten begonnen. Rund 30.000 irakische Soldaten sowie schiitische und sunnitische Milizionäre sind angetreten, um den IS aus der Stadt Tikrit zu vertreiben. Der Ausgang der Kämpfe dürfte große Auswirkungen auf die weitere Entwicklung in Syrien und im Irak haben. Doch der Vormarsch gegen die Extremisten gestaltet sich schwierig.

Tikrit, die 120 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Heimatstadt des früheren Diktators Saddam Hussein, war im vergangenen Frühsommer vom IS eingenommen worden. Damals stürmten die Dschihadisten in einer Art Blitzkrieg durch den Osten Syriens und den Westen des Irak und eroberten weite Gebiete in beiden Ländern für ihr „Kalifat“. Zwischenzeitlich wurde sogar ein Angriff der sunnitischen Extremisten auf die Hauptstadt Bagdad befürchtet, doch die Offensive des IS kam zum Stillstand.

Nun versucht die neue irakische Regierung, verlorenes Gebiet zurückzuerobern. Die Schlacht um Tikrit ist die größte Offensive gegen den IS seit der Expansion des „Kalifats“ im vergangenen Jahr. Bisherige Versuche der irakischen Regierungstruppen, die Dschihadisten aus Tikrit zu vertreiben, sind gescheitert.

Wird der IS in Tikrit geschlagen, hätte das enorme Bedeutung

Deshalb kommt den Gefechten enorme Bedeutung zu. Wird der IS in Tikrit geschlagen, wäre das ein gutes Vorzeichen für die in den kommenden Monaten erwartete Offensive gegen die Dschihadisten in der nordirakischen Stadt Mossul, die ebenfalls im vergangenen Jahr vom IS überrannt worden war; Mossul liegt rund 200 Kilometer nördlich von Tikrit. Eine Niederlage des IS in Tikrit so kurz nach der Schlappe in Kobane könnte auch als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Dschihadisten-Truppe den Zenit ihrer Macht überschritten hat und allmählich in die Defensive gerät.

Wenn der IS die Offensive der Regierungstruppen jedoch zurückschlägt, wäre das mehr als nur ein Prestige-Erfolg für die Dschihadisten in einer sunnitischen Hochburg des Irak. Sie würden damit zeigen, dass sie sich möglicherweise auf Dauer im Westen des Irak festgesetzt haben.

Bei ihrem Vormarsch im vergangenen Jahr profitierten die Extremisten unter anderem von der Unterstützung durch sunnitische Clans, die sich durch die schiitisch-dominierte Regierung in Bagdad unterdrückt fühlten. Die Gräben zwischen der schiitischen Mehrheit und der sunnitischen Minderheit im Irak würden bei einem Sieg des IS in Tikrit wahrscheinlich noch tiefer.

Die USA und ihre westlichen und arabischen Verbündeten halten sich in Tikrit im Hintergrund. Dagegen beteiligt sich der irakische Verbündete Iran direkt an der Offensive. General Ghasem Soleimani, Kommandant der Quds-Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde, ist nach iranischen Medienberichten in Tikrit vor Ort, um an den Kämpfen teilzunehmen. Soleimani hatte bereits im vergangenen Jahr bei Vorbereitungen zur Verteidigung von Bagdad gegen einen möglichen IS-Angriff und bei der Aufstellung und Ausrüstung schiitischer Milizen im Irak eine wichtige Rolle gespielt. Zeitweise habe es den Anschein, als habe der Iraner Soleimani sogar Befehlsgewalt über das irakische Militär, berichtete die britische BBC.

Der politischen Bedeutung der Schlacht um Tikrit entsprechend wirft die irakische Regierung alles in den Kampf, was sie hat. Die Bodentruppen werden von Kampfflugzeugen und Hubschraubern unterstützt. Die Luftwaffe ist ein potenziell wichtiger Trumpf, denn der IS verfügt über keine eigenen Jets oder Hubschrauber.

Die irakischen Regierungstruppen kommen nur langsam voran

Dennoch kommen die Regierungstruppen bei der am Montag gestarteten Offensive in Saddams Heimat nur langsam voran. Laut Berichten aus der Regierung versuchen die Dschihadisten, die Angreifer vor allem mit Mitteln des Guerrilla-Krieges aufzuhalten. Sie haben Zufahrtswege mit Minen und anderen Sprengsätzen gespickt und setzen zudem Selbstmordattentäter ein. Laut IS-Angaben sprengte sich ein zu den Dschihadisten gehörender US-Amerikaner in der nahen Stadt Samarra in die Luft.

In Tikrit gibt es in den Reihen der Regierungstruppen offenbar nicht genügend Sprengstoffexperten, um die verminten Straßen für einen einigermaßen schnellen Vorstoß zu sichern. Die Offensive geriet deshalb schon in den Außenbezirken der Stadt ins Stocken.

Unterdessen signalisierte der irakische Nachbar Türkei seine Unterstützung für Bagdad bei der erwarteten Offensive gegen den IS in Mossul. Der türkische Verteidigungsminister Imet Yilmaz sagte nach einem Bericht des türkischen Staatsfernsehens bei einem Besuch in der irakischen Hauptstadt, sein Land sei zu jeder Art der logistischen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit bereit.

Die Türkei hatte sich lange aus dem internationalen Kampf gegen den IS herausgehalten und bei der Ende Januar beendeten Belagerung von Kobane durch die Dschihadisten eine direkte Unterstützung für die kurdischen Verteidiger der Stadt abgelehnt. In jüngster Zeit zeichnet sich allerdings ein Kurswechsel Ankaras ab. So verständigte sich die Türkei mit den USA auf die gemeinsame Ausbildung und Ausrüstung neuer syrischer Rebellentruppen.

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