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 Die elektronische Erfassung von Nummernschildern bei der geplanten Pkw-Maut stößt auf massiven Widerstand.
© dpa

Datenschutz-Bedenken bei der Maut: Der gläserne Autofahrer

Bei der umstrittenen Pkw-Maut soll es Autofahrern erspart bleiben, eine Vignette an die Scheibe zu kleben. Doch die Pläne des Ministers für eine einfachere Maut-Kontrolle rufen andere Befürchtungen hervor.

Die Warnungen vor massiven Datenschutzproblemen bei der geplanten Pkw-Maut werden lauter. Nicht nur Datenschützer und die Opposition sind alarmiert, sondern auch Politiker aus den Reihen der großen Koalition. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) plant, die Maut nicht über eine Vignette zu kontrollieren, sondern elektronisch durch den Scan von Nummernschildern wie bei der Lkw-Maut. Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, hält die Risiken für die Privatsphäre der Autofahrer für unabsehbar. „Hier soll ein System eingeführt werden, das die totale Überwachung jeglicher Bewegungen aller Autofahrer ermöglicht“, sagte von Notz dem Tagesspiegel. Der Innenexperte der Linksfraktion, Jan Korte, warnte ebenfalls davor, durch die Einführung der Pkw-Maut den „gläsernen Autofahrer“ zu schaffen.

SPD: Es geht um sensible Datenvon 40 Millionen Autofahrern

Auch der Koalitionspartner SPD hat noch Klärungsbedarf. „Es geht um sensible Daten von 40 Millionen deutschen Autofahrern“, sagte der SPD-Vizefraktionsvorsitzende Sören Bartol. Eine mögliche Weitergabe von Daten zur Kontrolle an eine Behörde oder gar an einen privaten Dritten sei problematisch. Lkw-Fahrer seien nicht mit den vielen Autofahrern zu vergleichen, die ihr Fahrzeug vorrangig privat und nicht beruflich nutzten. In Dobrindts Gesetzentwurf steht ausdrücklich, dass das Bundesamt für Güterverkehr auch private Dienstleister mit der Kontrolle beauftragen darf. Dobrindt hält das nicht für ein Risiko. „Sofort nach der automatischen Abfrage, ob ein Kfz-Halter Maut gezahlt hat, werden die Daten wieder gelöscht“, versichert er.

Dobrindt verspricht:Die Daten werden sofort gelöscht

Einen Unterschied soll es nur dann geben, wenn der Autofahrer die Abgabe nicht gezahlt hat und erwischt wird. Dann wird aktenkundig, wo die Behörden auf ihn aufmerksam geworden sind. Doch auch dann sollen die Daten gelöscht werden – und zwar just zu dem Zeitpunkt, wenn die Abgabe samt Bußgeld auf dem Konto der Kontrolleure eingegangen ist. Bewegungsprofile ließen sich überdies mit der elektronischen Vignette gar nicht erstellen, fügt der Minister hinzu. „Kein Bürger muss Sorge haben, dass jetzt irgendwo Profile gespeichert werden könnten.“ Auch durch andere Behörden würden die mit dem Mautsystem ermittelten Daten nicht genutzt. „Ich garantiere: Eine Weitergabe an anderen Behörden findet nicht statt.“ Man habe „die härtestmöglichen Datenschutzregeln in unser Gesetz aufgenommen, die wir in Deutschland kennen“.

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner hielte es dennoch für „besser, auf Techniken zu verzichten, die solche Gefahren für den Datenschutz hervorrufen“. Zwar verstoße die Erfassung von Nummernschildern aus Sicht von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht gegen den Datenschutz. Allerdings ermögliche das Pkw-Mautsystem eine lückenlose Erfassung aller Verkehrsteilnehmer – und eine Löschung der Daten könnte technisch auch einfach unterbleiben, warnte Wagner.
Je mehr Daten im System des Kraftfahrtbundesamtes gespeichert würden, desto größer würden auch die Begehrlichkeiten von staatlicher wie privater Seite, prognostiziert der Linken-Innenpolitiker Korte. Auch FDP-Chef Christian Lindner zweifelt die Beteuerungen des CSU-Ministers an: „ Ich traue der CSU keinen Meter über den Weg, dass unsere Streckenprotokolle auf Dauer sicher sind“, sagte er. Die Innenminister würden schon bald die Daten abfordern. „Dann ist wieder ein Stück Privatheit verloren gegangen.“
Den Grünen-Innenexperten von Notz macht es misstrauisch, dass Dobrindt bei der Vorlage seiner Maut-Pläne kein „umfangreiches, hieb- und stichfestes Datenschutzkonzept“ habe präsentieren können. „Das zeigt, dass es hier ausschließlich um Profilierung und Gesichtswahrung der CSU geht, bei denen die Interessen der Menschen und ihre grundrechtlich verbriefte Privatsphäre unter die Räder kommen.“ mit dpa

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