Übergriffe gegen Frauen in Köln: Der GAU, auf den die Rechte gewartet hat
Nach den Übergriffen in Köln gegen Frauen helfen pauschale Schuldzuweisungen genauso wenig wie pauschale Schonhaltungen. Ein Kommentar.
Für jede Frau ist das eine Horrorvorstellung: Sie wird von Männern umringt, begrapscht und ausgeraubt. So geschehen in aller Öffentlichkeit, in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte. Nicht nur einer Frau ist das passiert, sondern Dutzenden. Und eine ist womöglich auch noch vergewaltigt worden.
Etwa tausend Männer hatten sich laut Kölner Polizeipräsident vor dem Hauptbahnhof versammelt. Böller und Raketen flogen in die Menge. Schockierte Frauen berichteten, wie sie von Männergruppen umzingelt, bedrängt und bestohlen wurden. Bis Dienstag gingen 90 Anzeigen bei der Polizei ein, ein Drittel wegen sexueller Übergriffe. Zeugen beschreiben, dass die Täter „nordafrikanisch oder arabisch“ aussahen und enthemmt und betrunken waren. Ein Polizist berichtete dem Kölner „Express“, dass einige der Festgenommenen kopierte Aufenthaltsbescheinigungen für Asylverfahren dabeigehabt hätten. Ein anderer Ermittler schloss hingegen aus, „dass die Vorfälle etwas mit Flüchtlingen zu tun haben“. Ähnliches soll in der Silvesternacht in Hamburg passiert sein.
Politiker aller Parteien sind entsetzt. Auch in den sozialen Medien hat sich die Empörung überschlagen. Zu Recht – so etwas darf nicht vorkommen. Nicht in Köln, nicht in Hamburg, nicht in Wernigerode. Über Frauen herzufallen, ob mit dem Ziel, sie auszurauben oder sie sexuell zu belästigen, ist ein Verbrechen. Egal, ob die Täter blond oder schwarzhaarig sind, ob sie aus Aachen, Aleppo oder Addis Abeba stammen, ob sie Christen oder Muslime sind, betrunken oder nüchtern.
Auch die Feministinnen stehen am Pranger
Doch die Hintergründe der Taten sind noch kaum erhellt, da wissen viele schon ganz genau, wer die Schuldigen sind. Für Bundesjustizminister Heiko Maas ist es die „organisierte Kriminalität“, für den Chef der Polizeigewerkschaft deutet nichts auf Organisation hin. Für andere sind die Flüchtlinge schuld, die Migranten, die Linken und ihre fehlgeleitete Integrationspolitik, Angela Merkel, die wegen ihrer Flüchtlingspolitik „gehängt werden müsste“. Auch die Feministinnen stehen am Pranger, weil sie sich über harmlose Herrenwitze aufregten, aber nicht sofort wegen Köln Alarm schlugen.
Es ist der Gau, auf den rechte Kreise gewartet haben. Was in der Silvesternacht in Köln und anderswo passiert ist, könnte sich zum gefährlichen Brandbeschleuniger entwickeln im Verhältnis zu den Flüchtlingen, im Umgang mit alteingesessenen Zuwanderern. Denn wenn „nordafrikanisch oder arabisch“ aussehende Männer deutsche Frauen bedrängen, rührt das an uralte Stereotype des Westens, die leicht zu instrumentalisieren sind: an das Narrativ von der hilflosen weißen Frau, die angeblich vor den wilden, unzivilisierten Horden beschützt werden muss.
Natürlich gibt es unter Migranten Machos und auch gewalttätige Machos. Und mancher Flüchtling stammt aus einer Kultur, in der Frauen nicht viel zählen. Doch zum einen ist die Identität der Kölner Grapscher und Diebe noch überhaupt nicht klar. Zum anderen sind auch Einwanderer keine homogene Gruppe. Pauschale Schuldzuweisungen helfen genauso wenig wie pauschale Schonhaltungen. Fest steht: Wer Straftaten begeht, muss bestraft und – falls das die Gesetze hergeben – auch abgeschoben werden. Wer aber das, was in Köln und anderswo passiert ist, politisch instrumentalisiert, tut den Opfern keinen Gefallen. Er missbraucht sie ein weiteres Mal.