zum Hauptinhalt
 „Die kaputteste Familie der Welt“: US-Präsident Donald Trump erwägt, gegen das Buch seiner Nichte vorzugehen.
© imago images/Everett Collection

Enthüllungsbuch über den US-Präsidenten: Der böse Onkel Trump und seine wütende Nichte

Im Juli erscheint ein Enthüllungsbuch über den US-Präsidenten – 98 Tage vor der Wahl. Seine Nichte Mary will, dass er nicht mehr der mächtigste Mann der Welt ist.

Mary L. Trump weiß um die Höhen und Tiefen der menschlichen Psyche. Um Traumata aus frühester Kindheit, um die lebenslange Belastung, die unterdrückte Familiengeheimnisse und Missbrauch mit sich bringen können.

Mary Trump ist Psychologin, sie promovierte am Derner Institute of Advanced Psychological Studies in New York und unterrichtete in den Fächern Trauma, Psychopathologie und Entwicklungspsychologie.

Sie ist aber auch die Nichte des mächtigsten Mannes der Welt. Und über ihren Onkel, US-Präsident Donald Trump, und die Abgründe ihrer Familie hat die 55-Jährige nun ein Buch geschrieben, das am 28. Juli erscheinen soll – knapp vier Wochen vor dem Parteitag der Republikaner, auf dem Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gewählt werden soll.

240 Seiten über die Abgründe einer Familie

Schon die Nachricht über das Erscheinen von „Too Much and Never Enough: How My Family Created the World’s Most Dangerous Man“ (etwa: „Zu viel und nie genug: Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf“) und erste Details über den Inhalt des Buches haben Washington in helle Aufregung versetzt und das obwohl es bei Weitem nicht die erste Enthüllungsgeschichte über den 45. US-Präsidenten ist.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können. ]

Aber erstmals äußert sich ein Mitglied der Dynastie. „Sie ist das einzige Mitglied der Trump-Familie, das bereit ist, die Wahrheit über eine der mächtigsten und funktionsgestörtesten Familien der Welt zu berichten“, schreibt der Verlag Simon & Schuster.

Auf 240 Seiten zeichnet die Tochter von Trumps älterem Bruder Fred Trump Jr. demnach ein desaströses Bild der Familie, das erkläre, wie Donald Trump zu dem Mann geworden sei, „der jetzt die weltweite Gesundheit, wirtschaftliche Sicherheit und den sozialen Zusammenhalt gefährdet“.

Die Wut geht wohl auf den frühen Tod des Vaters zurück

Mary Trumps Wut auf den „gestörten“ Präsidenten speist sich offenbar aus dem tragisch frühen Tod ihres Vaters und dem nachfolgenden Streit um dessen Erbe. Der älteste Sohn des Patriarchen Fred Trump starb 1981 im Alter von 42 Jahren an einem Herzinfarkt – wahrscheinlich eine Folge seines Alkoholismus.

Mary L. Trump, die Nichte des US-Präsidenten.
Mary L. Trump, die Nichte des US-Präsidenten.
© LinkedIn

Um die Ursachen dieser Krankheit geht es nach Angaben der US-Nachrichtenseite „The Daily Beast“, die als Erstes über die Veröffentlichung berichtete, auch in dem Buch. So schreibe die Autorin, dass Donald und Fred Trump Sr. den ältesten Sohn in kritischen Phasen seiner Sucht alleine gelassen und damit zu seinem Tod beigetragen hätten.

In einem Interview mit der „Washington Post“ gab Donald Trump 2019 zu, seinen Bruder unter Druck gesetzt zu haben, was er bedauere. Er habe nicht verstanden, warum Fred Jr. nicht im Familienunternehmen arbeiten wollte. Nach einigen Jahren in der Firma, in denen er immer wieder mit seinem Vater aneinandergeriet, ging Fred Jr. als Pilot zu Trans World Airlines. Wegen seiner Sucht musste er aber auch diesen Traum aufgeben.

„Seltsame und schädliche Beziehung“ des Großvaters zu seinen Söhnen

Mary Trump beschreibt nach Angaben des Verlags die „seltsame und schädliche Beziehung“ ihres Großvaters zu seinen Söhnen. Die 55-Jährige schildert demnach Szenen, die sie als Kind im Haus ihrer Großeltern im New Yorker Stadtteil Queens erlebte. „Sie beschreibt einen Albtraum von Traumata, zerstörerischen Beziehungen und eine tragische Kombination von Vernachlässigung und Missbrauch“, heißt es.

Das hatte offenbar Konsequenzen: So sei Donald Trump zwar der Lieblingssohn gewesen. Nachdem der Vater aber in den 90er Jahren an Alzheimer erkrankte, habe er ihn abgewiesen und verspottet. Fred Trump starb 1999.

„The Daily Beast“ schreibt, Mary Trump zitiere auch die Schwester des Präsidenten, die pensionierte Bundesrichterin Maryanne Trump Barry, die „vertrauliche und vernichtende Gedanken“ über den Bruder äußere. Mary ist wohl nicht die Einzige in der Familie, die kritisch über Donald Trump denkt.

Mary Trump hielt sich lange zurück

Mary Trump, die selbst eine Tochter hat, arbeitet heute als Lebensberaterin in Long Island/New York. Jahrelang hielt sie sich in der Öffentlichkeit zurück, im Internet finden sich wenige Informationen über sie. Auf ihrem Twitter-Account, den die britische „Daily Mail“ jetzt entdeckte, sprach sie am Tag, als ihr Onkel 2016 gewählt wurde, von der „schlimmsten Nacht ihres Lebens“. Sie unterstützt heute „Black Lives Matter“.

[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleiten unsere US-Experten Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty.]

Nur nach dem Tod des Großvaters trat sie mal wirklich ins Rampenlicht, da sie und ihr Bruder Fred III (57) nicht akzeptieren wollten, dass ihr Erbe mit je rund 200.000 Dollar deutlich geringer ausfiel als das der anderen Enkel. Sie warfen Donald Trump vor, den dementen Vater beim Anfertigen des Testaments beeinflusst zu haben.

Als Reaktion schloss dieser sie von der Familienkrankenversicherung aus, die der Großvater zu seinen Lebzeiten allen finanzierte. Ein dramatischer Schritt vor allem für Fred III, dessen seit seiner Geburt an einer Gehirnlähmung leidender Sohn William aufwendige Pflege benötigte.

Gibt es eine Verschwiegenheitserklärung?

Der Rechtsstreit endete 2001 – laut Medienberichten mit einem Geheimhaltungsvertrag, den Mary unterschrieb. Dieses „Non-Disclosure Agreement“ soll die Grundlage für Donald Trumps Erwägung sein, gegen das Buch seiner Nichte juristisch vorzugehen. Seine Anwälte prüfen bereits, wie sich die Veröffentlichung 98 Tage vor der Wahl verhindern lässt.

Dass das Buch Trump besonders ungelegen kommt, liegt aber wohl nicht nur an den moralischen Abgründen der Familie, die darin beschrieben werden. Sondern auch daran, dass Mary Trump aufdeckt, wie sie der „New York Times“ bei den Recherchen über seine Finanzen half, etwa mit Steuerunterlagen ihres Großvaters.

Die Zeitung berichtete 2018, dass Donald Trump (nach heutigem Wert) mehr als 400 Millionen Dollar aus dem Immobilienimperium seines Vaters erhalten habe. Ein Großteil davon soll aus Steuerhinterziehungen in den 90er Jahren stammen. Bis heute weigert sich Trump, seine Steuererklärung zu veröffentlichen.

Zur Startseite