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Nach dem Terroranschlag auf ein Hotel in Tunesien reisten viele Touristen so schnell wie möglich ab.
© Kenzo Tribouillard/AFP

Vizepräsident des tunesischen Hotelverbands: "Der Anschlag soll Tunesien auf die Knie bringen"

Der Angriff auf ein Hotel in Tunesien sei so geplant worden, dass er für den Tourismus größtmöglichen Schaden anrichte, sagt der Vizechef des Hotelverbands.

Was bedeutet der Terroranschlag in Sousse für Tunesien?

Das Ganze ist eine Katastrophe, da gibt es nichts zu beschönigen. Ich bin traurig und niedergeschlagen. Dieser Anschlag soll unser gesamtes Land auf die Knie bringen. Seit mehr als einem halben Jahrhundert kommen die deutschen Touristen hierher. Sie mögen unser Land, wir mögen sie. Den Terroristen geht es nicht darum, gezielt Deutsche oder Engländer oder Franzosen umzubringen. Die Terroristen wollen unseren Staat zerstören. Sie wissen, dass der Tourismus die wichtigste Säule unserer Wirtschaft ist.

Was sind die Folgen für die Zukunft des Tourismus?

Wir stehen am Beginn der Hauptsaison, die bis Ende Oktober dauert. Der Zeitpunkt des Anschlags ist absolut gezielt gewählt, um maximalen Schaden für die Ferienindustrie anzurichten. Der Terror aber ist nicht mehr auf ein einziges Land begrenzt, er breitet sich weltweit aus. Am Freitag hatten wir Anschläge in Frankreich, in Kuwait und hier in Tunesien. Das ist eine völlig neue Situation, mit der wir nun konfrontiert sind, und mit der wir fertig werden müssen. Wir dürfen jetzt nicht in Depressionen verfallen, das Leben muss weitergehen.

Sie haben zwei Hotels in Sousse und Hammamet. Zehntausende Touristen brechen momentan ihren Urlaub ab und wollen nur noch nach Hause zurückzufliegen. Was sagen Sie Ihren Angestellten?

Habib Bouslama ist Vizepräsident des Tunesischen Hotelverbandes. Er besitzt zwei Hotels in Sousse und Hammamet.
Habib Bouslama ist Vizepräsident des Tunesischen Hotelverbandes. Er besitzt zwei Hotels in Sousse und Hammamet.
© Katharina Eglau

Das ist eine sehr schwierige Lage für uns, sehr viele Gäste wollen so schnell wie möglich abreisen. Wir haben schon in den letzten vier Jahren immer hart an der Grenze zur Profitabilität operiert. Unsere Rücklagen sind aufgezehrt. Jetzt werden unsere Hotels wohl erst einmal leer stehen. Was soll ich meinen Angestellten sagen? Ich will sie nicht entlassen. Sie haben Familien, sie brauchen die Gehälter. Das ist ein großes Problem. Vielleicht können wir vorübergehend Unterstützung von der Regierung bekommen, ich weiß es nicht.

 Gab es in Sousse ein Versagen der Polizei?

Der Polizeischutz wurde nach dem Attentat auf das Bardo-Museum in Tunis verstärkt. Wir treffen uns vor Ort regelmäßig mit der Führung der Polizei. Aber alleine können wir Tunesier das nicht schaffen. Wir brauchen dringend mehr Hilfe aus Europa - vor allem besseres Training für unsere Polizeikräfte und bessere Ausrüstung.

Der Terrorist in Sousse war ein Student, der der Polizei vorher nicht als Extremist bekannt war. Wie kann man sich gegen solche Täter schützen, die offenbar alleine und auf eigene Faust agieren?

Das geht nur, wenn man diesen jungen Leuten eine gute Perspektive bieten kann. Schutz vor Terrorismus ist nicht allein ein Polizeiproblem. Es ist auch eine Frage von Wirtschaft, Wohlstand und gutem Leben. Das ist der Dreh- und Angelpunkt. Die Hintermänner aus den Golfstaaten zahlen solchen Attentätern hohe Summen und unterziehen sie einer Gehirnwäsche. Dann machen sie solche Mordtaten, weil sie für sich selbst in Tunesien keine Zukunft sehen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere jungen Leute Arbeit bekommen und eine Familie gründen können. Dann werden sie ihr Land lieben und sich nicht von solchen Radikalen verführen lassen.

Kann Tunesien den Kampf gegen den Terror gewinnen?

Tunesien ist ein primäres Ziel des Terrorismus. Die Gewalttäter wollen keine Demokratie. Sie streben stattdessen nach ihrem so genannten Islamischen Kalifat. Wir sind das letzte noch verbliebene Land des Arabischen Frühlings. Diese Leute wollen mit aller Gewalt verhindern, dass wir mit unserem neuen politischen System Erfolg haben. Wir aber werden unsere junge Demokratie verteidigen – und ich bin absolut sicher, wir werden am Ende gewinnen.

Habib Bouslama (69) ist Vizepräsident des Tunesischen Hotelverbandes (FTH). Der gelernte Volkswirt arbeitete zunächst als Manager in der Industrie, bevor er 1992 ins Hotelfach wechselte. Er besitzt zwei große Wellness-Hotels in Sousse und Hammamet.

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