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Der CDU-Politiker Axel Fischer.
© imago images/photothek/Thomas Köhler

Korruptionsverdacht gegen CDU-Politiker Fischer: Der Abgeordnete und die Freunde Aserbaidschans

Im Europarat arbeitete ein Netzwerk für die Interessen Aserbaidschans. Auch der CDU-Politiker Axel Fischer soll davon profitiert haben.

Der Abgeordnete Axel Fischer war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. „Kein Kommentar“, sagte ein Mitarbeiter in seinem Bundestagsbüro am Telefon. Zu diesem Zeitpunkt waren dort längst Beamte des Bundeskriminalamts aufgetaucht, um die Büroräume zu durchsuchen. Der CDU-Politiker aus Karlsruhe steht unter Korruptionsverdacht, die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn wegen des „Anfangsverdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern“. Der Bundestag hob deshalb am Donnerstagmorgen die Immunität des Abgeordneten auf und machte so den Weg für die Durchsuchungen frei.

Insgesamt waren etwa 60 Beamte von BKA und Generalstaatsanwaltschaft im Einsatz, um Wohnungen und Büroräume in Berlin und Karlsruhe zu durchsuchen – das allein zeigt, wie ernst die Ermittler den Fall nehmen. Ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet Fischer durch Ermittlungen gegen die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz und den ehemaligen CSU-Abgeordneten Eduard Lintner im Zusammenhang mit der so genannten Aserbaidschan-Affäre in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der alle drei Politiker früher angehörten.

„Ihnen wird vorgeworfen, in der Zeit zwischen 2008 bis 2016 unter anderem Gelder aus Aserbaidschan über britische Briefkastengesellschaften mit baltischen Konten erhalten zu haben“, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft München. „Damit verbunden war die Aufforderung, bei Anträgen und Abstimmungen zu verschiedenen Resolutionen sowie bei der Besetzung von Funktionen und Kommissionen des Europarates Einfluss im Sinne von Delegierten des Staates Aserbaidschan zu nehmen.“

Vier Millionen Euro aus Baku

Lintner, der nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik als Lobbyist für das Regime in Baku unterwegs war, soll insgesamt rund vier Millionen Euro erhalten und zum Teil an Abgeordnete der Parlamentarischen Versammlung des Europarates weitergeleitet haben. Strenz erhielt nachweislich mindestens 22.000 Euro von einer Firma, die Lintner gehört. Ob im Zuge der Ermittlungen noch weitere Zahlungen auftauchten, ist unklar.

Bereits 2018 war eine Untersuchungskommission des Europarates zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Gruppe von Abgeordneten in der Parlamentarischen Versammlung „zugunsten von Aserbaidschan arbeitete“. Zu dieser Gruppe gehörte auch Strenz. Da die Kommission aber nicht die Befugnisse einer Staatsanwaltschaft hatte, konnte sie die Frage, wer sich der Korruption schuldig gemacht haben könnte, nicht abschließend beantworten, regte aber Ermittlungen in den Heimatländern der Abgeordneten an.

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Im Januar wurde der ehemalige italienische Abgeordnete Luca Volontè in Mailand wegen Korruption zu vier Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil der Ex-Politiker in Revision gegangen ist. Der ehemalige Chef der EVP-Fraktion im Europarat hatte 2,39 Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten. Im Gegenzug besprach er mit zwei aserbaidschanischen Mitgliedern der Parlamentarischen Versammlung detailliert, welche „Freunde“ sich in einer Debatte zu Wort melden würden oder wie mit kritischen Berichten über das Land umzugehen sei. „Jeder Wunsch von dir ist ein Befehl“, schreibt Volontè in einer Mail an seinen aserbaidschanischen Kontaktmann. Bei anderer Gelegenheit fragt der Italiener ihn, ob er sicherstellen könne, dass Fischer an einem Abendessen der EVP teilnehmen würde.

Netzwerk beförderte Karrieren

Das Netzwerk nutzt aber nicht nur dem autoritär regierten Staat im Südkaukasus, sondern auch den Karrieren seiner inoffiziellen Mitglieder. Die Untersuchungskommission äußerte den Verdacht, dass Volontès Nachfolger an der Spitze der EVP-Fraktion, Pedro Agramunt, diesen Job mit Hilfe des Aserbaidschan-Netzwerks bekommen habe.

Als Agramunt noch weiter aufstieg und 2016 Präsident der Versammlung wurde, übernahm der Deutsche Axel Fischer die Leitung der EVP-Fraktion. Drei Jahre zuvor waren Fischer, Agramunt und andere Politiker, die zum Netzwerk gezählt werden können, als Wahlbeobachter in Aserbaidschan. Der autoritär regierende Staatschef Ilham Alijew wollte sich im Amt bestätigen lassen. Die angeblich neutralen Beobachter des Europarat sollten der Abstimmung offenbar den Anschein von Legitimität bestätigen. Tatsächlich bescheinigten die Beobachter um Fischer und Agramunt dem Land einen „freien, fairen und transparenten Wahlprozess“.

SPD-Politiker Schwabe fordert Konsequenzen von der Union

Bei wichtigen Abstimmungen, in denen der Europarat die Menschenrechtslage in Aserbaidschan verurteilte, glänzte der damalige deutsche Delegationsleiter Fischer durch Abwesenheit, bei anderer Gelegenheit stimmte er so ab, wie es den Interessen des Regimes in Baku entsprach. Als die Staatsanwaltschaft Mailand gegen Volontè zu ermitteln begann und die Vorwürfe gegen den Italiener bekannt wurden, trug der EVP-Chef Fischer nicht zur Aufklärung bei. Vielmehr soll er sich in einer Sitzung der Fraktion hinter Volontè gestellt haben.

Der stellvertretende Leiter der deutschen Europarats-Delegation, Frank Schwabe (SPD), fordert nun Konsequenzen aus den neuen Ermittlungen: „Axel Fischer hat offensichtlich Geld aus Aserbaidschan bekommen und dafür Gegenleistungen erbracht, genau wie Karin Strenz. Das ist eine Schande für den Deutschen Bundestag“, sagte Schwabe dem Tagesspiegel. „CDU und CSU müssen endlich Konsequenzen ziehen und die beiden aus der Fraktion ausschließen.“

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