"Welt"-Korrespondent in der Türkei in Haft: Deniz Yücel ruft zu Solidaritäts-Abos auf
Dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel geht es "den Umständen entsprechend gut", berichtet das Auswärtige Amt nach dem ersten Besuch im Gefängnis.
Deutsche Diplomaten haben erstmals Zugang zu dem vor rund sieben Wochen in der Türkei festgenommenen deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel erhalten. "Es geht Herrn Yücel den Umständen entsprechend gut", berichtete der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, am Dienstag in Instanbul. Die Einzelhaft werde von dem 43-Jährigen aber als sehr belastend empfunden. Yücel wurde von Generalkonsul Georg Birgelen in der Haftanstalt besucht, zuvor war ein Anwalt des Generalkonsulats bei ihm. Roth äußerte die Hoffnung, dass der gewährte Zugang zu dem "Welt"-Korrespondenten kein Einzelfall bleibe. "Das kann für uns nicht der Abschluss sein. Wir erwarten weiterhin, dass die konsularische Betreuung umfänglich gewährleistet wird und wir setzen uns weiterhin für die Freilassung von Deniz Yücel ein", betonte er.
Ilker Deniz Yücel – Silivri Kapali Ceza Infaz Kurumu, 9
Deniz Yücel bedankt sich für die Solidarität mit ihm: „Da ich keine Briefe schreiben darf, übermittele ich diese Nachricht mündlich über meine wunderbaren Anwälte“, heißt es in einer von der „Welt“ veröffentlichten Botschaft des Journalisten. „Auch wenn ich weiterhin in Isolationshaft gehalten werde und auch wenn das faktische Briefverbot fortbesteht, dringt die vielfältige Unterstützung, die Sie mir und meinen in der Türkei inhaftierten Kollegen zukommen lassen, bis hierher durch. Dafür meinen großen, herzlichen Dank!“ Yücel ruft zu Solidaritäts-Abos der regierungskritischen Zeitungen „Cumhuriyet“, „Birgün“ und „Evrensel“ auf, wofür „man nicht in der Türkei“ leben müsse. „Und um für ein paar Euro einen konkreten Beitrag zur Unterstützung der Pressefreiheit in der Türkei zu leisten, muss man nicht einmal Türkisch können.“ Dass ihm „illegalerweise keine Briefe und Postkarten zugestellt werden“, sei auch „kein Grund, mir nicht zu schreiben. Im Gegenteil.“ erklärte Yücel . Seine Anschrift: Ilker Deniz Yücel – Silivri Kapali Ceza Infaz Kurumu, 9 Numarali Kogus, B6/54 – Silivri – Istanbul, Türkei.
"eine der großen Bewährungsproben in den deutsch-türkischen Beziehungen"
Roth war am Montag zu politischen Gesprächen zunächst nach Ankara und dann weiter nach Istanbul gereist. Der Staatsminister hat auch mit einem Anwalt Yücels und Familienangehörigen gesprochen. Roth sagte, dass Yücel ein kritischer Journalist sei, rechtfertige nicht, ihn zu inhaftieren. Die Bundesregierung werde sich mit seiner Inhaftierung nicht abfinden. Es handele sich hier um "eine der großen Bewährungsproben in den deutsch-türkischen Beziehungen". Die deutsche Seite arbeite zudem daran, dass die Einzelhaft beendet werde. Die türkische Justiz wirft Yücel Terrorpropaganda und Volksverhetzung vor. Schon Anfang März hatte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim Bundekanzlerin Angela Merkel den konsularischen Zugang zugesagt. Die Bundesregierung pocht seitdem auf Einhaltung des Versprechens.
CDU-Politiker Brand: "Die Isolationshaft muss schnell beendet werden"
Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, Michael Brand (CDU), hat von der Türkei weiteres Einlenken gefordert. "Dieses kleine Zeichen der Einsicht war notwendig und auch überfällig." Dies könne aber nur ein erster Schritt sein, zumal die konsularische Betreuung von türkischer Seite schon lange zugesagt gewesen sei. "Die Isolationshaft muss schnell beendet werden, die Haft ist unverhältnismäßig", sagte Brand. Am Mittwoch laufe die dreiwöchige Bearbeitungsfrist seines Besuchsantrags bei Yücel ab, für den Brand eine Parlaments-Patenschaft übernommen hatte. "Ich bin gespannt, ob es hier auch ein Signal der Entspannung gibt." (dpa, AFP, Reuters)