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Handschellen und Aktentasche: Parteichef Michaloliakos bei der Festnahme.
© AFP

Führende Neonazis in Griechenland verhaftet: Das vorläufige Ende der "Goldenen Morgenröte"

Griechenlands Chef-Neonazis sitzen jetzt in Haft. Am Dienstag werden ein Untersuchungsrichter und ein Staatsanwalt über die Ausstellung eines Haftbefehls entscheiden.

Jahrelang sahen Politik, Polizei und Justiz den immer dreisteren Umtrieben der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte eher hilflos zu. Als ein Mitläufer der Partei vor zwei Wochen bei Piräus einen 34-jährigen Musiker aus der linken Szene erstach, war das Maß voll. Jetzt holt der Rechtsstaat zu einem harten Schlag gegen die Rechtsextremisten aus. Die gesamte Führung der Partei sitzt seit dem Wochenende in Gewahrsam. Der Minister für öffentliche Ordnung, Nikos Dendias, spricht von einem „historischen Tag“, griechische Kommentatoren sehen einen „Sieg der Demokratie“.

Nun wird Nikos Michaloliakos seine komfortable Wohnung im Athener Vorort Pefki wohl so bald nicht wiedersehen. Seit Samstag sitzt der Chef der Goldenen Morgenröte in einer Arrestzelle des Athener Polizeipräsidiums. Am Dienstag werden ein Untersuchungsrichter und ein Staatsanwalt über die Ausstellung eines Haftbefehls entscheiden. Dass Michaloliakos auf freien Fuß kommt, ist unwahrscheinlich. Denn die Anklage von Samstag enthält schwere Vorwürfe: Bildung einer kriminellen Vereinigung, Mord, Körperverletzung, Schutzgelderpressung, Geldwäsche. Nachdem schwer bewaffnete Beamte der Anti-Terror-Spezialeinheit der Polizei den Parteichef am frühen Samstagmorgen in Handschellen aus seiner Wohnung geführt hatten, wurden nach und nach weitere 20 Personen festgenommen. Darunter sind vier Parlamentsabgeordnete und führende Funktionäre der Partei, aber auch ein Polizist und eine Polizistin, die an Straftaten der Goldenen Morgenröte beteiligt waren oder sie gedeckt haben. Am Sonntag stellte sich auch der zunächst flüchtige Abgeordnete Christos Pappas der Polizei. Er gilt als Nummer zwei der Partei. Beim Betreten des Polizeipräsidiums hob Pappas den Arm zum Hitlergruß und rief „Es lebe die Goldene Morgenröte!“. Nach weiteren elf Beschuldigten wurde am Sonntag noch mit Haftbefehlen gefahndet.

Die 1985 gegründete und 1994 als Partei zugelassene Goldene Morgenröte war lange ein politisches Mauerblümchen. Bei Wahlen kam sie zunächst nie über ein Prozent Stimmenanteil hinaus. Dann kamen die Krise und die Sparauflagen der internationalen Geldgeber. Massenarbeitslosigkeit und wachsende Armut trieben den Neonazis, die Hitler als „unseren großen Führer“ verehren, immer mehr Anhänger zu. Bei der Wahl vom Juni 2012 erzielten sie sieben Prozent und schickten 18 Abgeordnete ins Parlament. In einer Umfrage von Anfang September lag die Partei sogar bei 13 Prozent.

Michaloliakos lässt sich angeblich als „Führer“ anreden

Die Festnahmen dürften den Aufstieg der Partei zunächst einmal stoppen. Sie scheint in der Defensive. Die Goldene Morgenröte rief nach den Festnahmen ihre Anhänger zu Protesten auf, aber mehr als 300 Menschen waren es nicht, die sich am Samstag vor dem Polizeipräsidium versammelten, Parteifahnen schwenkten und das Motto der Neonazis skandierten: „Blut, Rasse, Chrysi Avgi“, wie die Partei auf Griechisch heißt.

Michaloliakos, der sich angeblich von Vertrauten auf Deutsch als „Führer“ anreden lässt, und den anderen Angeklagten drohen lange Haftstrafen. Neben dem Mord an dem 34-jährigen Musiker werden ihnen die Ermordung eines pakistanischen Migranten, Mordversuche an ägyptischen Einwanderern und Erpressung vorgeworfen. Der Partei droht ein Verbot als krimineller Vereinigung. Heute berät das Parlament außerdem über eine Gesetzesänderung, mit der die Goldene Morgenröte von der Parteienfinanzierung abgeschnitten werden soll. Regulär stehen der Partei 2013 aus Steuergeldern knapp 1,2 Millionen Euro zu.

Gerd Höhler

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