Kanzlerin Merkel zur Corona-Pandemie: „Das Virus ist eine demokratische Zumutung“
In der Sommer-Pressekonferenz mit Angela Merkel stand wie erwartet Corona im Fokus. Allerdings ließ die Bundeskanzlerin auch persönliche Einblicke zu.
Um „aktuelle Themen der Innen- und Außenpolitik“ sollte es in der traditionellen Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel gehen. Kein Themengebiet war also tabu – und doch rückte eines, überraschend war es nicht, in den Vordergrund.
Die Corona-Pandemie beschäftigt ganz Deutschland wie kein anderes Thema, und somit natürlich auch die Kanzlerin. Gerade auch aufgrund der zeitlichen Nähe zu den neuen Beschlüssen, die Merkel am Donnerstag im Treffen mit den Ministerpräsidenten gefasst hatte, lag der Fokus darauf.
„Das Virus ist eine demokratische Zumutung“, sagte die Kanzlerin am Freitag ganz zu Beginn. „Wir müssen damit rechnen, dass vieles in den kommenden Monaten noch schwieriger wird.“
Und weil das so sei, appellierte sie in ihren einleitenden Worten direkt an die Bürger: „Es bleibt dabei: Es ist ernst, es bleibt ernst. Und bitte nehmen Sie es auch dementsprechend ernst.“
Für die kommenden Wochen habe sie sich mit der Bundesregierung drei Ziele gesetzt:
- „Alles dafür zu tun, dass Kinder nicht die Verlierer der Pandemie sind“
- „Unser Wirtschaftsleben so weit es geht am Laufen zu halten oder wieder zum Laufen zu bringen“
- „Den gesellschaftlichen Zusammenhalt so weit es geht zu wahren“
Sie könne nicht bestätigen, dass jeder Staat seine eigene Planung zur Impfstoff-Entwicklung hat. Deutschland sei unter anderem in einem europäischen und einem internationalen Bündnis vertreten, zudem auch beispielsweise mit der Gates-Stiftung in Kontakt. Die Europäischen Union hatte erst am Donnerstag beim britischen Pharmakonzern AstraZeneca mindestens 300 Millionen Dosen eines potenziellen Corona-Impfstoffes gekauft.
„Es wird nicht so wie früher, bis wir einen Impfstoff haben“, sagte die CDU-Politikerin. Wenn es einen Impfstoff oder sehr gute Medikamente gebe, könne man „zu den uns eigenen Verhaltensweisen zurückkehren“.
Merkel ist nicht in den Sinn gekommen, „Wir schaffen das“ zu wiederholen
Fehler würde sie sich derzeit nicht eingestehen. „Ich glaube, dass wir bisher nach bestem Wissen und Gewissen entschieden haben“, sagte Merkel. Sie sei mit dem Gang der Dinge bis hierhin weitestgehend zufrieden. „Es sind Entwicklungen, die wir nicht voraussehen können“, sagte Merkel. Schließlich sei es eine nie dagewesene Situation.
Anschließend wurde Merkel auf ihren viel zitierten Satz „Wir schaffen das“ angesprochen, den sie in der Sommer-Pressekonferenz vor fünf Jahren inmitten der Flüchtlingskrise gesagt hatte. „Mir ist nicht in den Sinn gekommen, diesen Satz zu wiederholen“, sagte Merkel. Jede Situation und jede Krise habe ihre eigene Sprache.
Und ausgerechnet in dieser Krise hat Deutschland die Präsidentschaft des europäischen Rates übernommen. Auch diese stehe im Zeichen der Pandemie, sagte Merkel. „Das ändert aber nichts an unserem europäischen Ehrgeiz“, so Merkel. Es sei notwendig, den Wiederaufbaufond bis Anfang 2021 fertigzustellen. Denn die bedürftigen Staaten würde darauf warten.
Durch die Pandemie habe sich auch ihre Arbeit grundlegend geändert, erklärte Merkel. Vor allem, dass sie viel weniger reise, falle ihr auf. Zudem sei die Umstellung auf Videokonferenzen besonders gewesen. Dabei sei es „gar nicht mal schlechter, als wenn man reist oder alle anreisen lässt“, sagte Merkel. Allerdings sei ein Nachteil, dass man nie genau wisse, wer zuhört. „Das kann man nicht beschränken“, so die Kanzlerin.
Ihr großer Vorteil sei es, dass sie die Regierungschefs alle schon kenne. „Das wäre wirklich schwierig gewesen, wenn es das erste Jahr meiner Kanzlerschaft gewesen wäre“, gab Merkel zu.
Bundeskanzlerin Merkel hat noch keine Pläne für den Ruhestand
Dass sie erstmals, seit sie Kanzlerin ist, nach der Sommer-Pressekonferenz keinen CDU-Parteitag vorbereiten muss und auch keinen Bundestagswahlkampf mehr vor sich hat, habe auch Vorteile: „So kann ich mich mehr aufs Regieren konzentrieren in der derzeit so schwierigen Zeit.“
Pläne für den Ruhestand hat Merkel noch nicht. „Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht. Ich bin aber optimistisch, dass mir was einfällt“, sagte Merkel. Derzeit mache sie sich aber keine großen Gedanken – sie sei noch voll im Hier und Jetzt, wo sie die Corona-Pandemie fordere.
„Mir geht die Arbeit jetzt nicht aus“, sagte Merkel. Wehmütig sei sie noch nicht. „Natürlich weiß ich, dass es nur noch ein Jahr ist“, erklärte sie. „Das heißt aber auch, dass jeder Tag noch mehr zählt.“