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Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko gilt als „letzter Diktator Europas“.
© Sergei Sheleg/dpa

EU-Sanktionen gegen Belarus: Das Regime in Minsk braucht Strafmaßnahmen nicht zu fürchten

Die Sanktionen der EU gegen Belarus laufen ins Leere, so lange der Kreml den Diktator Lukaschenko finanziell unterstützt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Wirtschaftlicher Riese, außenpolitischer Zwerg – so steht die EU nach allgemeiner Lesart häufig da. Im Fall der skandalösen Entführung des 26-jährigen Bloggers Roman Protassewitsch hat die EU allerdings bewiesen, dass sie zu einer schnellen Reaktion fähig ist. Die Sanktionen gegen Belarus, die beim EU-Gipfel auf den Weg gebracht wurden, sehen ein breites Arsenal vor – von einem Flug- und Landeverbot für belarussische Fluggesellschaften in der EU über Strafmaßnahmen gegen einzelne Anhänger des Diktators Alexander Lukaschenko bis zu einem möglichen Bann für belarussische Unternehmen.

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Damit kann sich die EU zugute halten, dass sie – anders als im Nahostkonflikt in der vergangenen Woche – durchaus mit einer Stimme sprechen kann. Wer sich daran erinnert, wie beschämend langsam die Gemeinschaft der 27 EU-Staaten im vergangenen Jahr Sanktionen nach der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus beschloss, weiß dies umso mehr zu schätzen.

Im November wurden Guthaben Lukaschenkos eingefroren

Allerdings ist fraglich, ob die neuen Sanktionen dem Diktator in Minsk wirklich weh tun. Im November hat Brüssel die Konten und Guthaben Lukaschenkos und 14 weiterer Belarussinnen und Belarussen in der EU eingefroren.

Doch der fehlende Zugriff für Lukaschenko und seine Gefolgsleute auf die Vermögenswerte ist so lange für Minsk verschmerzbar, wie der Kreml das Regime des letzten Diktators in Europa finanziell unterstützt. Deshalb dürften auch neue Wirtschaftssanktionen der Gemeinschaft ins Leere laufen - selbst wenn diesmal eine große Zahl regimetreuer Unternehmen ins Visier der EU geraten sollte.

EU will erst später ausgiebig über Russland diskutieren

Letztlich liegt die Krux der EU-Politik gegenüber Belarus weniger an den fehlenden Sanktionsmöglichkeiten, sondern in der Unentschiedenheit im Verhältnis zu Russland. Ist Präsident Wladimir Putin, der Belarus als Bastion gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit betrachtet, ein Partner oder sollte sich die Gemeinschaft vor einer weiteren Eskalation – etwa angesichts der Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny - nicht länger scheuen?

Die Antwort hat der EU-Gipfel auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. Auch die Bundesregierung muss sich angesichts des Festhaltens am Pipeline-Projekt Nord Stream 2 fragen lassen, ob mit dem Röhrenbau nicht letztlich auch die Machtverhältnisse in Moskau und Minsk zementiert werden.

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