Abzug der Bundeswehr aus Incirlik: Das letzte Wort hat das Parlament
Der Streit um die deutschen Soldaten in der Türkei brodelt weiter. Der größte und auch dümmste Fehler von deutscher Seite wäre es nun, den außenpolitischen Konflikt zu einem innenpolitischen zu machen. Ein Kommentar.
Diplomaten hassen Entweder-Oder-Situationen. Sie erlauben selten Kompromisse, und am Ende gibt es meistens Verlierer und Gewinner. So etwas erschwert das künftige gedeihliche Miteinander von Staaten. Im Streit um das uneingeschränkte Besuchsrecht von Bundestagsabgeordneten bei den im türkischen Incirlik stationierten deutschen Soldaten zeichnete sich aber schon lange ab, dass es keine beide Seiten zufrieden stellende Lösung geben würde. So war es nicht überraschend, als Außenminister Sigmar Gabriel seine Gespräche mit dem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu für gescheitert erklärte.
Da die Bundeswehr eine bei allen Auslandseinsätzen vom Parlament zu mandatierende Armee ist, muss der Kontakt der Volksvertreter zur Truppe im Einsatz garantiert sein. Die Türkei ihrerseits verlangte als politischen Preis von der Bundesrepublik den Bruch rechtsstaatlicher Prinzipien, zum Beispiel die Auslieferung türkischer Offiziere und Politiker. Die hatten hier um Asyl gebeten, weil ihnen in der Türkei unter dem Verdacht, Kontakt zu Putschisten gehabt zu haben, Prozesse drohten. Belege dafür, dass türkische Strafverfolgungsbehörden mit solchen Beschuldigten brutal umgehen und sie wochen- und monatelang in Haft halten, ohne Anklage zu erheben, gibt es genug.
Nicht die Regierung, das Parlament sollte entscheiden
Der größte und auch dümmste Fehler der deutschen Seite wäre es nun, aus dem außenpolitischen Konflikt einen innenpolitischen Streit zu machen. Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte ist aber dabei, genau dies zu tun. Er konstatierte, der sozialdemokratische Außenminister sei mit seinen Gesprächen in der Türkei „krachend gescheitert“, und forderte von der Bundesregierung, bereits am Mittwoch den Abzug aus Incirlik zu beschließen. Falsch! Beschließen kann das ohnedies nur der Bundestag, und um dessen Rechte ging es ja.
Klüger und demonstrativer wäre also, es dem Bundestag zu überlassen, am 21. Juni bei der nächsten Plenarsitzung von sich aus den Abzug der Bundeswehr mit einer eindrucksvollen Mehrheit zu verlangen und der Regierung, der Exekutive, damit den Auftrag zu geben, den Abzug der Soldaten und der Tornados aus Incirlik einzuleiten. Für Erdogan wäre es ein Lehrstück, wie Entscheidungsprozesse in einer Demokratie ablaufen.