Deutsche Abgeordnete in China unerwünscht: „Das ist der Versuch, Leute zum Schweigen zu bringen“
Die Grünen-Politikerin Margarete Bause hat die Menschenrechtslage in China kritisiert. Jetzt darf sie nicht ins Land – und andere Abgeordnete auch nicht.
China will eine Grünen-Bundestagsabgeordnete nicht ins Land lassen und droht offenbar damit, deshalb eine geplante Reise des Ausschusses Digitale Agenda platzen zu lassen. Die Abgeordnete Margarete Bause sollte Ende August mit dem Ausschuss nach China reisen, doch das wollen chinesische Diplomaten unbedingt verhindern. „Die chinesische Botschaft in Berlin hat dem Sekretariat des Ausschusses mitgeteilt, solange ich auf der Liste stehe, könne die gesamte Delegation nicht einreisen“, sagte Bause dem Tagesspiegel.
Zunächst argumentierten Chinas Diplomaten offenbar, Bause sei kein reguläres Ausschuss-Mitglied. Tatsächlich gehört die Abgeordnete, die menschenrechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist, dem Ausschuss Digitale Agenda weder als ordentliches Mitglied noch als Stellvertreterin an. Doch die Grünen-Fraktion benannte sie im Juni in einem Schreiben an den Bundestagspräsidenten offiziell für die Dauer der Reise als Vollmitglied.
Bause soll in China den Grünen-Obmann im Ausschuss Digitale Agenda, Dieter Janecek, vertreten. Die Abgeordneten wollten eigentlich vom 23. August bis zum 1. September Peking und Shanghai besuchen und dort Start-Ups sowie einen Themenpark für Künstliche Intelligenz besichtigen.
Abgeordnete hatte zuvor kritischen Antrag eingebracht
Für die chinesischen Diplomaten ist Bause keine Unbekannte: Im November vergangenen Jahres hatte sie für die Grünen-Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem „schwere Menschenrechtsverletzungen“ in der Provinz Xinjiang kritisiert werden.
Nach einem Bericht der Organisation Human Rights Watch sind in der Region im Nordwesten Chinas, die überwiegend von der muslimischen Minderheit der Uiguren bewohnt wird, etwa eine Million Menschen in „Umerziehungslagern“ inhaftiert. In dem Grünen-Antrag wurde die Bundesregierung aufgefordert, sich für ein Ende des von China offiziell als Anti-Terror-Kampf deklarierten Vorgehens einzusetzen.
Kurz vor der Sitzung des Bundestages im November, in der erstmals über den Antrag beraten werden sollte, rief nach Bauses Angaben die chinesische Botschaft in ihrem Abgeordnetenbüro an und forderte sie auf, den Antrag zurückzuziehen. Nach der Debatte warf die Botschaft dem Bundestag in einem Schreiben an die Abgeordneten, die eine Rede gehalten hatten, und an die Fraktionsvorsitzenden eine „eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“ vor. Die chinesischen Diplomaten bezeichneten das Schreiben als „Demarche“ – solche Protestnoten sind in der internationalen Diplomatie zwar gegenüber Regierungen üblich, nicht aber gegenüber frei gewählten Parlamenten.
"Der Bundestag darf sich das nicht gefallen lassen"
Dass die chinesische Botschaft nun Bause als Teilnehmerin der Reise ablehnt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf ihren Antrag im Bundestag zurückzuführen. „Das ist der Versuch, Leute, die sich klar und deutlich für Menschenrechte aussprechen, unter Druck zu setzen und zum Schweigen zu bringen“, sagte Bause dem Tagesspiegel. „Der Bundestag darf sich das nicht gefallen lassen.“ Die Abgeordnete hat in einem Brief an den Vorsitzenden des Ausschusses Digitale Agenda betont, dass für sie und ihre Fraktion keine Veranlassung bestehe, auf die Reise zu verzichten. Gerade die Themen Künstliche Intelligenz und Gesichtserkennung seien auch menschenrechtlich sehr interessant, sagte die Grünen-Politikerin.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Sonntag, die Bundesregierung setze sich für einen Dialog mit China auf allen Ebenen und auch zu schwierigen Themen ein. „Besuchsreisen von Abgeordneten des deutschen Bundestags sind ein wichtiger Bestandteil dieses Dialogs.“
Bause ist keineswegs die einzige Abgeordnete des Bundestags, die in China nicht erwünscht ist. Der Menschenrechtsausschuss, dem die Grünen-Politikerin angehört, bemüht sich seit Jahren um die Möglichkeit, das Land besuchen zu können – bisher allerdings vergeblich.