Deutscher Beauftragter für Menschenrechte: Christoph Strässer enttäuscht von Russland
Moskau hat dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung zu verstehen gegeben, dass er in Russland unerwünscht sei. Strässer sieht dadurch die Beziehungen zum Kreml zusätzlich belastet.
In manchen Ländern ist Christoph Strässer kein gern gesehener Gast. Denn sein Amt als Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung bringt es mit sich, dass er Defizite in der Einhaltung von Bürgerrechten anspricht – diplomatisch verpackt, aber deutlich erkennbar. Das kommt in autoritär regierten Staaten nicht besonders gut an, doch in der Regel nimmt man dort die Besuche hin. In den vergangenen Monaten war Strässer in Pakistan, in Simbabwe und Südafrika. Am Montagabend wollte er nach Russland reisen und in Moskau sowie in Wladikawkas, einer Stadt im Nordkaukasus, Gespräche mit Regierungsvertretern, Parlamentariern und Menschenrechtlern führen. Doch die Reise musste Strässer kurzfristig absagen, wie er am Dienstagabend mitteilte. „Ich fühle mich zu diesem Schritt veranlasst, da uns die russische Seite schriftlich und mündlich sehr deutlich zu verstehen gegeben hat, dass mein Besuch in Russland gegenwärtig nicht erwünscht ist.“
Strässer hat Russland öffentlich kritisiert
Dieser kleine diplomatische Eklat ist ein weiteres Indiz dafür, dass es um die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland sowie anderen EU-Staaten nicht gut bestellt ist. Darauf geht auch Strässer deutlich ein: „Es verwundert mich, dass sich die russische Regierung zu diesem Schritt entschieden hat, der geeignet ist, unsere Beziehungen in schwierigen politischen Zeiten zusätzlich zu belasten.“ Strässer betonte, wie wichtig gerade in Krisenzeiten ein Dialog sei. „Dass die Möglichkeit eines Dialoges nun abgelehnt wurde, enttäuscht mich sehr.“ Wegen Russlands Rolle im Ukraine-Krieg hatte die EU Sanktionen gegen Russland verhängt, darunter Einreiseverbote und wirtschaftliche Strafmaßnahmen. Moskau antwortete mit einem Importstopp für bestimmte Lebensmittel aus der EU und einer eigenen Einreiseverbotsliste.
Die Grünen-Europaparlamentarierin Rebecca Harms und der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann, die auf der schwarzen Liste stehen, dies aber zum Zeitpunkt ihrer Reise noch nicht wussten, wurden am Moskauer Flughafen an der Einreise gehindert und zurückgeschickt.
Einen Monat vor dem Eklat um seine geplante Reise hatte Strässer Russland öffentlich kritisiert. Das im Mai verabschiedete Gesetz über „unerwünschte ausländische Organisationen“, mit dem die russische Regierung deren Arbeit für rechtswidrig erklären kann, eröffne eine weitere Möglichkeit, die Zivilgesellschaft einzuschränken und international zu isolieren. „Die wachsende Tendenz der russischen Staatsführung, internationale Zusammenarbeit als Bedrohung zu stigmatisieren, bereitet mir große Sorge“, erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete im Mai. Nun haben ihn russische Behörden offenbar wissen lassen, dass man in Moskau derzeit auch auf die Zusammenarbeit mit dem deutschen Menschenrechtsbeauftragten keinen Wert legt.