Live-Blog zur PK in Berlin zum Nachlesen: Chodorkowski will nicht in Politik oder Geschäftsleben zurück
Zehn Jahre saß der Kremlkritiker Michail Chodorkowski im russischen Straflager. Jetzt ist er frei und in Berlin. Im Mauermuseum gab er seine erste Pressekonferenz an einem historischen Ort. Lesen Sie das Ereignis in unserem Blog nach.
+++ Keine Politik und kein Geschäftsleben +++
Die Pressekonferenz ist zu Ende und Chodorkowski hat noch einmal betont, dass er den Auftritt nutzen wollte, um Danke zu sagen. Ansonsten hat er einen sehr aufgeräumten, gelösten Eindruck gemacht. Zu viele konkrete Pläne hat er noch nicht genannt, aber Grundzüge. So wolle er weder in die Politik noch ins Geschäftsleben zurückkehren. "Und einen Fußballverein werde ich auch nicht kaufen." Dafür wolle er sich aber für die noch verbliebenen zahlreichen politischen Gefangenen einsetzen. Wo er künftig leben wolle sei noch offen, dies werde er mit seiner Familie besprechen, die er nach seiner Freilassung am Freitag nur ganz kurz bisher gesehen habe. Nach Russland werde er aber erstmal nicht zurück gehen, da ihm dort noch eine große Geldstrafe drohe und wenn er diese nicht begleiche, drohe ihm ein Ausreiseverbot.
+++ "Die private Wirtschaft ist effizienter als der Staat" +++
Michail Chodorkowski wird gefragt, wie er die Privatisierungswelle der neunziger Jahre in Russland heute bewerten. Im Detail antwortet Chodorkowski nicht. Aber er sagt: "Die private Wirtschaft ist immer effizienter als der Staat. Entschuldigung, aber das ist meine Meinung. Genau wie die Tatsache, dass die Wirtschaft auch eine soziale Verantwortung hat." Auch kenne er nicht alle Details zu seiner Freilassung genau wie zu seiner Verhaftung.
+++ "Aufmerksamkeit erstaunt mich" +++
Er habe schon damit gerechnet, dass es eine gewisse Aufmerksamkeit gebe, aber das es eine so große sei, habe ihn schon überrascht. Konkrete Pläne habe er aber noch nicht. "Sehen Sie es mir nach, ich bin jetzt seit 36 Stunden frei und möchte erstmal mit meiner Familie zusammen kommen und Zeit verbringen."
+++ Chodorkowski empfindet keinen Hass +++
Ihm sei schon damals als er im Business war klar gewesen, dass es kein Kinderspiel sei. Aber man habe die Spielregeln gegen ihn härter ausgelegt. Aber da seine Familie nie berührt worden sei und man sich ihr gegenüber korrekt verhalten habe, habe er die Situation nicht zu emotional sehen können, sondern pragmatischer. Er sei natürlich dafür, die Spielregeln zu ändern. "Aber was soll man machen."
+++ "Ich habe nicht vor, ins Geschäftsleben zurückzukehren" +++
Chodorkowski will nicht in die Politik und auch nicht ins Geschäftsleben zurückkehren. Aber gesellschaftlich wolle er sich engagieren. "Ich muss nicht zum Broterwerb ins Geschäftsleben zurückkehren." Er habe ein großes Unternehmen erfolgreich geführt. Jetzt wolle er sich für die einsetzen, die noch im Gefängnis sitzen. Dazu zähle auch Juli Timoschenko. "Ich hoffe, dass sie so schnell wie möglich freikommt." Der ukrainische Präsident solle sich ein Beispiel an dem russischen nehmen, mit dem er ja oft in Kontakt stehe.
+++ "Politischer Kampf ist nicht mein Ding" +++
Chodorkowski will sich nicht politisch engagieren. "Der politische Kampf ist nicht mein Ding". Er hoffe auch, dass den deutschen Politikern aus ihrem Engagement für ihn keine Nachteile im Umgang mit Russland entstünden. Zur Stunde sei das auch nicht erkennbar.
+++ "Sotschi ist ein Fest des Sports" +++
Chodorkowski will die Olympischen Spiele nicht überschattet sehen. Sotschi sei ein Fest des Sportes für viele Millionen Menschen. "Man sollte dieses Fest nicht verderben, aber es auch nicht zu einem persönlichen Fest von Putin machen."
+++ Chodorkowski: "Ich bin nicht der letzte politische Gefangene in Russland" +++
Chodorkowski will westlichen Politikern keine Ratschläge zum Umgang mit Putin geben. "Aber sie sollten im Hinterkopf behalten, dass ich nicht der letzte politische Gefangene Russlands bin." Er werde erstmal nicht nach Russland zurückkehren. Schließt aber eine Rückkehr irgendwann nicht aus. Hintergrund sei eine 500 Millionen Dollar Klage gegen ihn. Es könne sein, dass wenn er jetzt nach Russland reise, nicht mehr ausreisen dürfe.
+++ Auch Chodorkowski dankt Genscher, Merkel und den Medien +++
Chodorkowski verweist auf alle, die noch im Gefängnis sitzen. er dankt zum Auftakt aber erstmal vielen Menschen. Darunter seiner Familie, Freunden und Geschäftspartnern. Auch Genscher bekommt wieder Dank. Außerdem Angela Merkel. "Ich weiß erst jetzt, welche Rolle sie gespielt hat", sagt er. Putin hat er nicht gedankt. Erst jetzt könne er so viele Kommunikationswege nutzen, die für uns normal seien. "Als ich vor zehn Jahren ins Gefängnis ging gab es noch kein Twitter und Facebook." Was er in Zukunft machen wolle, wisse er noch nicht.
+++ Direktorin dankt Genscher, Merkel, Westerwelle und Putin +++
Völlig außer Atem eröffnet die Direktorin des Mauermuseums die Pressekonferenz und dankt zunächst Hans-Dietrich Genscher für die Hilfe. Aber auch Angela Merkel und Guido Westerwelle. Als sie dann auch Russlands Präsident Wladimir Putin dankt gibt es Unmut und ein paar Pfiffe. "ja, ja, ja", sagt sie. Es sei rechtsstaatlich fraglich, ob ein Präsident jemanden ins Gefängnis stecken kann und wieder rausholen kann, das wichtigste sei, dass Chodorkowski heute da sei.
+++ Chodorkowski nimmt auf Podium Platz +++
Der Andrang zu Chodorkowskis erster Pressekonferenz ist riesig. Mitarbeiter des Museums versuchen Ordnung in die Situation zu bekommen. Chodorkowski steht vor Plakaten, auf denen Bilder vom Checkpoint Charlie aus Zeiten des Kalten Krieges mit Sowjetpanzern zu sehen sind.
+++ Großer Andrang bei Pressekonferenz +++
Unser Kollege Jens Mühling ist großgewachsen und hat sich in den Konferenzraum im Mauermuseum einen Platz ergattert. Der Andrang zur Pressekonferenz mit Chodorkowski ist riesengroß. 400 Journalisten haben sich angemeldet und jede Menge unangemeldete warten vor der Tür. Doch die Security lässt keinen mehr rein.
+++ Kein Geld für russische Opposition +++
Öl-Geschäfte brachten Michail Chodorkowski zu einem großen Vermögen und Einfluss. Er galt als Kreml-Kritiker und Putin sah in ihm den vielleicht einzigen ernsthaften Konkurrenten. Zehn Jahre musste Chodorkowski in einem russischen Straflager verbringen. Jetzt ist er frei, aber die Opposition will er nicht finanzieren. Das kündigte er am Sonntag vor einem kleinen Kreis von Journalisten in Berlin an. Am Mittag gibt er in Berlin eine Pressekonferenz, die sie auch bei uns im Live-Blog verfolgen können.
+++ Chodorkowski lässt Entscheidung über Aufenthaltsort offen +++
Die Entscheidung, wo Kremlgegner Michail Chodorkowski nach seiner freilassung künftig leben, hält er sich noch offen. "Wo wir leben werden, das werde ich mit meiner Frau besprechen“, sagt er Journalisten in Berlin. Der ehemalige Milliardär und seine Frau Inna haben drei gemeinsame Kinder. Aus erster Ehe hat Chodorkowski noch einen Sohn. Außerdem kann er nach eigenen Angaben vorerst nicht nach Russland zurückkehren, Grund sei eine gegen ihn verhängte Geldstrafe in Millionenhöhe. Dies bedeute, dass er bei einer Rückkehr in sein Heimatland womöglich nicht mehr ausreisen dürfe, sagte er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax.
+++ Verzicht auf Rechtsstreit um früheren Ölkonzern Yukos +++
Der Kremlgegner Michail Chodorkowski will nach seiner Freilassung auf einen neuen Rechtsstreit um den früheren Ölkonzern Yukos verzichten. „Ich werde nicht um meine Yukos-Anteile kämpfen“, sagte Chodorkowski am Sonntag vor Journalisten in Berlin.
+++ Pressekonferenz um 13 Uhr +++
Um 13 Uhr wird Chodorkowski seine erste Pressekonferenz abhalten. Dafür hat er einen symbolträchtigen Ort gewählt: das Mauermuseum am Checkpoint Charlie. Chodorkowski kam in der Nacht zu Freitag frei. Mit einem Hubschrauber wurde er nach St. Petersburg geflogen und von dort mit einem Privatjet weiter nach Berlin. Eingefädelt hat das in erster Linie Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Mehr zur Freilassung erfahren Sie liebe Leserinnen und Leser hier. Und mehr zu Genscher hier.
+++ Chodorkowski hält sich für unschuldig +++
Trotz seines Gnadengesuches an Russlands Präsident Wladimir Putin sieht er sich weiterhin als unschuldig an. „Die Macht wollte immer von mir ein Schuldbekenntnis, doch das war unannehmbar für mich.“ Das Gesuch habe er ohne schriftliches Schuldeingeständnis unterzeichnet. Auf die Frage, ob er dem russischen Präsidenten dankbar sei, sagte er nur: „Ich freue mich über seine Entscheidung.“ (Mit AFP/dpa)
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