Qin Yongmin: Chinesischer Bürgerrechtler zu 13 Jahren Haft verurteilt
Die Witwe des Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verbringt in Berlin die erste Nacht in Freiheit. Währenddessen wandert ein bekannter Veteran der Demokratiebewegung in China noch einmal viele Jahre hinter Gitter.
Der langjährige chinesische Dissident Qin Yongmin ist wegen seines Engagements für Demokratie und Menschenrechte in China zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Volksgericht in Wuhan (Provinz Hubei) befand ihn am Mittwoch der „Untergrabung der Staatsgewalt“ für schuldig, wie aus einer Mitteilung hervorging. Der 64-Jährige ist ein Veteran der Menschenrechts- und Demokratiebewegung in China. Wegen seiner Aktivitäten hat er schon Haftstrafen von insgesamt 22 Jahren abgesessen.
Qin Yongmin war in den 90er Jahren Mitbegründer der Demokratischen Partei Chinas, die sich vergeblich neben der alleinherrschenden Kommunistischen Partei an mehreren Orten registrieren lassen wollte. 2010 wurde Qin Yongmin aus der Haft entlassen und wurde politisch wieder aktiv, was ihn erneut ins Visier der Staatssicherheit brachte.
Das harsche Urteil erfolgte nur einen Tag nachdem die Witwe des chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo nach acht Jahren unter Hausarrest freigelassen worden und nach Deutschland ausgereist war. Die unter Depressionen leidende Künstlerin Liu Xia traf am Dienstagabend nach einem Zwischenstopp in Helsinki auf dem Flughafen in Berlin-Tegel ein. Die 57-Jährige verbrachte die erste Nacht in Freiheit mit Freunden wie dem im Exil lebenden Schriftsteller Liao Yiwu.
Die Freilassung wurde als „längst überfällige humanitäre Geste“ international begrüßt, doch verwiesen Menschenrechtsexperten auf die vielen anderen Fälle von Bürgerrechtlern in China wie Qin Yongmin oder auf die Bürgerrechtsanwälte, die in Haft genommen worden waren. „Es gibt so viele Fälle, um die wir uns auch kümmern müssen“, sagte ein Freund von Liu Xia in Peking, der engen Kontakt zu ihr hatte. Bundesaußenminister Heiko Maas wertete die Freilassung als erfreuliche Nachricht und zeigte sich erleichtert.
"Reines Schachspiel Chinas"
Die Freilassung Liu Xias darf nach Ansicht der chinesischen Menschenrechtlerin Tienchi Martin-Liao nicht als humanitäre Geste der Regierung in Peking verstanden werden. „Im Gegenteil, das zeigt erst, wie zynisch das System ist“, sagte die in Köln lebende Präsidentin des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
China habe derzeit großes Interesse an engeren politischen und wirtschaftlichen Beziehungen und setze die Freilassung von Liu Xia bewusst zu diesem Zweck ein. „Das ist für die ein reines Schachspiel. Und jetzt schien ihnen dieser Zug richtig. Man darf darüber nicht vergessen, wie viele Menschen in China immer noch zu Unrecht in Haft sitzen.“
Martin-Liao hatte eigenen Angaben zufolge seit Beginn des Hausarrests von Liu Xia vor acht Jahren regelmäßig telefonischen Kontakt mit der 57-jährigen Künstlerin. „Die letzte Zeit habe ich alle paar Tage mit ihr gesprochen, weil ich mir sehr große Sorgen um sie machte. Sie war immer in sehr wechselnden Stimmungen und hat davon gesprochen, nicht mehr leben zu wollen“, so die Menschenrechtsaktivistin.
Das letzte Mal hätten sie vor drei Tagen telefoniert. Da sei Liu Xia jedoch auffallend guter Dinge gewesen. Ob sie schon von ihrer bevorstehenden Ausreise gewusst habe, lasse sich nicht sagen.
Martin-Liao will nun so rasch wie möglich Kontakt zu ihr aufnehmen. Ob die Künstlerin an einer Gedenkveranstaltung zum ersten Todestag ihres Mannes in der Berliner Gethsemane-Kirche am Freitag teilnehmen werde, lasse sich noch nicht sagen. Sie gehe aber davon aus, dass die Künstlerin anfangs eng vom Auswärtigen Amt begleitet werde, so Martin-Liao.
UN-Menschrechtskommissar Prinz Zeid Raad al-Hussein begrüßte die Freilassung von Liu Xia, forderte aber zugleich die Freilassung anderer Aktivisten. „Ich hoffe, dass auch Menschenrechtsverteidiger, ihre Familien und Anwälte, die ihrer Freiheit beraubt wurden, weil sie kritische Ansichten geäußert haben, auf freien Fuß gesetzt werden“, sagte der Jordanier.
Er forderte ferner, dass auch Liu Xias Bruder erlaubt werde, seiner Schwestern nach Deutschland zu folgen. Indem Liu Hui in Peking bleiben muss, wird der Bruder nach Angaben von Freunden als „Geisel“ benutzt, um die Künstlerin von kritischen Äußerungen oder politischen Aktivitäten in Deutschland fernzuhalten. Ihre Freilassung erfolgte ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes. Er war im Alter von 61 Jahren in Haft an Leberkrebs gestorben. Der Todestag von Liu Xiaobo jährt sich am Freitag.
Wie Liu Xiaobo ist Qin Yongmin eine herausragende Figur der Demokratiebewegung in China gewesen. Er verschwand 2015 erneut in Behördengewahrsam, wurde aber erst im Juni 2016 formell der „Subversion“ beschuldigt. Der Prozess wurde im Dezember kurzfristig ohne Angaben von Gründen verschoben, fand dann im Mai statt. (dpa)