Politik: Chinas neue Kolonien
Präsident Hu umwirbt die Afrikaner mit immer neuen Krediten. Doch Pekings Engagement wird nicht mehr nur positiv gesehen
Zum zweiten Mal binnen eines Jahres bereist Chinas Präsident Hu Jintao Afrika; und anders als vor neun Monaten hat er konkrete Angebote im Gepäck. Schon vor Reisebeginn vergangene Woche hatte China neue Kredite in Höhe von drei Milliarden Dollar offeriert. Das Geld werde in den kommenden drei Jahren zu Vorzugsbedingungen gewährt, hieß es. Auch Hilfszusagen und zinsfreie Darlehen sollen sich verdoppeln. Und Hu will den von ihm bereisten Ländern, darunter Sudan und Südafrika, einen Großteil der bilateralen Schulden erlassen.
China hatte den afrikanischen Staaten erst im November auf einem Gipfel in Peking fünf Milliarden Dollar an Krediten in Aussicht gestellt, ohne dies an politische Bedingungen zu knüpfen. Meist bietet Peking Komplettlösungen für Infrastruktur- und Energieprojekte an – von der Finanzierung über den Bau bis zur Schulung des Personals und oft zum Bruchteil der Kosten, die europäische Firmen berechnen würden. Als Gegenleistung für Kredite und Geschenke in Form von Flughafenterminals, Stadien oder Kasernen bietet Afrika Rückendeckung in der UN-Vollversammlung und unterstützt Chinas Taiwanpolitik. Wirtschaftlich geht es um langfristige Handelsabkommen, Bergbaukontakte oder andere Projekte. So wird China in Sambia weitere 800 Millionen Dollar besonders in Energieprojekte investieren. Nach Gesprächen in Lusaka einigte man sich am Wochenende zudem auf die Einrichtung von gemeinsamen Wirtschaftszonen im sambischen Kupfergürtel – was die dort tätigten chinesischen Firmen von Einfuhrzöllen und Mehrwertsteuer befreit.
Das Muster wiederholt sich: Im Sudan ist China mit Abstand größter Erdölförderer. In Angola und Nigeria, den größten Erdölländern in Schwarzafrika, lehrt Peking die westliche Konkurrenz das Fürchten: Angola stieg 2006 zum größten Rohöllieferanten Pekings auf. Jetzt kommt über ein Viertel von Chinas Ölimporten aus Afrika – Tendenz stark steigend. Aus Südafrika kommt Kohle und Platin, aus Liberia Eisenerz, aus Sambia Kupfer und Kobalt. Nach chinesischen Angaben stieg der Handelsaustausch 2006 auf fast 50 Milliarden Dollar und soll sich bis 2010 noch einmal verdoppeln. Bereits jetzt ist China nach den USA und Frankreich drittgrößter Handelspartner Afrikas.
Noch sehen viele Afrikaner die Entwicklung positiv. „Wir brauchen Technik, billige Medikamente, Investment und Ausbildung“, sagte Tansanias Präsident Jakaya Kikwete: „Zum Glück erhalten wir das aus China günstiger als anderswo. Was ist falsch daran?“ Kenias Außenminister Raphael Tuju meint: „Es ist in unserem ureigensten Interesse, mit China zu handeln wie der Rest der Welt. Ich finde es schwer begreifbar, dass unsere westlichen Partner uns zur Vorsicht mahnen.“ Während Kenias Beziehung zum Westen nach schweren Korruptionsskandalen spürbar abgekühlt ist, stieg der Handel mit China allein 2006 um gut 35 Prozent.
Für Chinesen geht es in Afrika aber nicht mehr nur um die Sicherung von Rohstoffen, sondern auch um den Aufbau neuer Absatzmärkte: In der Textilbranche kaufen sie billig viele Betriebe auf, die sie vorher durch aggressive Preispolitik vom Markt gedrängt haben. Diese Firmen dienen dazu, Einfuhrquoten für Chinas Textilien nach Amerika und in die EU zu umgehen. Immer mehr kritische Stimmen hinterfragen deshalb Chinas Engagement. So hat in Sambia von 34 Betrieben weniger als ein Drittel überlebt. „Die Chinesen kolonisieren Afrika wirtschaftlich und fordern zugleich Afrikas Solidarität bei den UN“, sagt Guy Scott, Generalsekretär der Patriotic Front.
Neben der Tatsache, dass die Chinesen fast nur mit chinesischen Arbeitern produzieren, unterminieren sie die Bemühungen westlicher Finanzinstitutionen, Korruption in Afrika zu bekämpfen. Da sie die Kredite nicht an Transparenz bei den Ausgaben koppeln, werden die Praktiken zementiert, die als Haupthindernis für eine nachhaltige Entwicklung gelten. Nun warnt selbst Südafrikas Präsident Mbeki davor, dass Afrika immer mehr zur Kolonie der Volksrepublik werde.
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