Übergriffe am Hongkonger Flughafen: China vergleicht Demonstranten mit Terroristen
Einige gewalttätige Protestler am Hongkonger Flughafen misshandeln vermeintliche Agenten Chinas. Die Regierung in Peking reagiert harsch.
Nach massiven regierungskritischen Protesten und gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei am Hongkonger Flughafen verschärft Peking in dem Konflikt seine Gangart. Gewaltbereite Demonstranten wurden mit Terroristen verglichen. Zwei US-Kriegsschiffen wurde die Einfahrt in den Hafen Hongkongs untersagt. Zugleich löste die zunehmende Präsenz chinesischen Militärs an der Grenze zu Hongkong Sorge vor einer Eskalation aus. Der Airport erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen Demonstranten, um dort eine erneute Störung des Flugbetriebs zu verhindern.
Die Taten einiger Protestler würden sich „nicht von den Gräueltaten von Terroristen unterscheiden“, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung des Verbindungsbüros der chinesischen Regierung in Hongkong. Ein Sprecher der für Hongkong zuständigen Behörde in Peking nannte den Vorfall in einer ähnlichen Mitteilung eine „annähernd terroristische Tat“.
Tausende Hongkonger hatten ihre Proteste gegen die Stadtregierung und die Polizeigewalt in den vergangenen Tagen auf den Flughafen ausgeweitet und dort mit Sitzblockaden die Passagierabfertigung massiv behindert. Sowohl am Montag als auch am Dienstag musste der Flugbetrieb deshalb vom Nachmittag an gestoppt werden. In der Nacht zum Mittwoch kam es zu schweren Ausschreitungen.
Zwei Männer vom chinesischen Festland, darunter ein Reporter der chinesischen Zeitung „Global Times“, seien am Flughafen von Demonstranten mit Kabelbindern gefesselt, geschlagen und misshandelt worden, hieß es in der Mitteilung des Verbindungsbüros. Zuvor hatten auch Hongkonger Medien über den Vorfall berichtet. Polizisten drangen in den Flughafen vor, um die Männer nach Stunden zu befreien. Die Demonstranten hatten ihnen vorgeworfen, Agenten vom chinesischen Festland zu sein.
Die Grenzen des Gesetzes, von Moral und menschlicher Natur seien völlig durchbrochen worden, kritisierte die Regierung in Peking. Die extrem gewalttätigen Verbrechen müssten streng bestraft werden. Auch in Chinas Staatsmedien und in sozialen Netzwerken machte sich am Mittwoch Empörung über das Vorgehen der Demonstranten breit.
Nachdem fast sämtliche Protestler in der Nacht abgezogen waren, lief der Flugbetrieb am Mittwoch wieder an. Zwar wurden noch immer viele Flüge als gestrichen angezeigt, Dutzende Flieger starten aber am Morgen und der Flughafen begann damit, den Rückstau der vergangenen zwei Tage abzuarbeiten. Der Flughafen ist das zentrale Drehkreuz für Langstreckenflüge über China und Südostasien.
Nach den massiven Störungen des Flugverkehrs erwirkte der Flughafen am Mittwoch eine einstweilige Verfügung gegen Demonstranten. Damit sollen „Personen davon abgehalten werden, rechtswidrig und vorsätzlich die korrekte Nutzung des Flughafens zu behindern oder zu stören“, hieß es in einer Erklärung. Demnach wurden Proteste oder Demonstrationen außer in dafür freigegebenen Bereichen auf dem Gelände des Flughafens verboten.
„Hongkong geht Euch nicht an“
Angesichts der anhaltenden regierungskritischen Proteste in Hongkong wies US-Präsident Donald Trump darauf hin, dass China aktuell Truppen an der Grenze zu der Metropole in Stellung bringt. Darüber sei er von den US-Geheimdiensten informiert worden, schrieb Trump auf Twitter. Alle Parteien sollten in dieser Lage Ruhe bewahren und für Sicherheit sorgen, schrieb Trump weiter. Kurz zuvor hatte Trump vor Journalisten mit Blick auf die angespannte Lage gesagt: „Ich hoffe, niemand wird verletzt. Ich hoffe, niemand wird getötet.“
Verschiedene Medien hatten zuletzt über eine zunehmende Präsenz chinesischen Militärs an der Grenze zu Hongkong berichtet. Zu Beginn der Woche verbreiteten auch Staatsmedien Videos von gepanzerten Fahrzeugen der paramilitärischen Polizei, die in Shenzhen an der Grenze zusammengezogen wurden. Es habe sich um eine Übung gehandelt, hieß es dazu.
Die chinesische Regierung verweigerte nach Angaben des US-Außenministeriums zwei amerikanischen Kriegsschiffen einen Aufenthalt im Hafen von Hongkong - inmitten der angespannten Lage in der Region. Die Regierung in Peking habe entsprechende Anfragen abgelehnt. Der Aufenthalt der beiden Schiffe in Hongkong sei „in den nächsten paar Wochen“ geplant gewesen. Die US-Seite verwies für weitere Details an die Regierung Chinas. Das Verhältnis beider Länder ist derzeit durch erbitterte Handelskämpfe sehr belastet.
Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums kritisierte am Mittwoch anhaltende Einmischungen der USA. Die Belange Hongkongs seien ausschließlich Chinas innere Angelegenheit. US-Politiker seien weder berechtigt noch qualifiziert, dazu Stellung zu nehmen. „Kümmert Euch um eigene Angelegenheiten“, so Sprecherin Hua Chunying: „Hongkong geht Euch nichts an.“
Die frühere britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Diese Rechte sehen viele nun in Gefahr.
Bundesaußenminister Heiko Maas äußerte sich ebenfalls besorgt. „Die Dinge eskalieren immer mehr. Deswegen kann man nur appellieren, dass sich alle Seiten zurücknehmen“, sagte er bei einem Besuch in New York. „Wichtig wird für uns allerdings auch bleiben, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht beeinträchtigt wird.“
Chinas Regierung hatte zuletzt immer energischer gemahnt, die Ordnung in der Sonderverwaltungszone wieder herzustellen und die Gewalt zu beenden. (dpa)