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Die Staatschefs der G7-Nationen sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk (links) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (rechts) stellen sich in Ise zum Gruppenfoto auf.
© AFP

G7-Gipfel in Japan: China im Hintergrund

Die G7-Nationen reden in Japan über einen Staat, der gar nicht dabei ist. Wie gehen sie mit Chinas Aufstieg um? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Es ist alles andere als ein Zufall, dass am Donnerstagmorgen die G-7-Staatschefs am Großschrein von Ise junge Bäume gepflanzt haben. Ihr Gastgeber, der japanische Premierminister Shinzo Abe, hatte diesen Ort für den Beginn des G-7-Gipfels mit Bedacht gewählt, er wollte seine Gäste in japanische Traditionen und Kultur einführen. In China kam der Besuch des wichtigsten Schreins der Shinto-Religion nicht gut an. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua verweist auf die wichtige Rolle dieser Religion im Japanischen Kaiserreich und schreibt: „Abes historischer Revisionismus wurzelt ebenfalls in dieser Ideologie.“ China, das nicht zu den G-7-Staaten zählt, sieht das aktuelle Treffen in Japan kritisch.

Warum ist China vom G-7-Gipfel betroffen?

Obwohl China auf der Shima-Halbinsel nicht mit am Tisch der G-7-Staaten (USA, Kanada, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan) sitzt, behandeln die Staatschefs zahlreiche Themen, die die Volksrepublik angehen. Darunter fällt vor allem das Thema „Maritime Sicherheit“. So forderten die G-7-Staaten am Donnerstag eine friedliche Beilegung der Territorialstreitigkeiten im Ost- und Südchinesischen Meer. Alle Beteiligten müssten sich darum bemühen. „Wir haben hier eine gemeinsame Haltung, dass wir eine friedliche Konfliktlösung wollen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Sitzung.

Auch beim Thema „Internetsicherheit“ ist die Volksrepublik China betroffen. Die G-7-Staaten wollen offenbar „energische Maßnahmen“ gegen Cyber-Aggressoren ergreifen und sich darüber hinaus allgemein für den freien Fluss von Informationen einsetzen und dabei „Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Datentransfer ablehnen“. Das berichtete die japanische Zeitung „Asahi Shinbun“. Damit grenzen sich die G-7-Nationen gegenüber China ab, wo die „Große Firewall“ zahlreiche westliche Internetdienste wie Twitter, Wikipedia oder Facebook blockiert und kritische Internetseiten und Meinungsbeiträge zensiert werden.

Wirtschaftlich streitet China zurzeit mit der Europäischen Union, deren Führung auch am Gipfel teilnimmt, um die Anerkennung als Marktwirtschaft. Die EU weigert sich, China diesen Status und damit leichteren Zugang zu europäischen Märkten zu gewähren. Sie fürchtet sich vor chinesischen Billigimporten und sieht wichtige Kriterien noch nicht erfüllt. Besonders die gewaltigen Überkapazitäten der chinesischen Stahlindustrie bereiten der Branche in Europa große Sorgen.

Wie reagiert China?

Schon vor der ersten Sitzung warnte Peking die G-7-Staaten vor einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas: „Um nicht überflüssig zu werden und sogar den Frieden und die Stabilität in der Welt negativ zu beeinflussen, sollte sich die G7 um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen und Konflikte anzufachen“, schrieb die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Und beim Thema Marktwirtschaftsstatus könnte sogar ein Handelskrieg auf die EU zukommen. China hat offenbar bereits mit Vergeltungsmaßnahmen gegen die deutsche Wirtschaft und ihre Autobauer gedroht.

Warum zählt China nicht zur G-7-Gruppe?

Mit China fehlt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt bei diesem Treffen. Die G7 versteht sich inzwischen allerdings auch immer mehr als Wertegemeinschaft. Auch deshalb sind Chinas Kommunisten nicht bestrebt, dieser Runde angehören zu wollen. „Die G-7-Gruppe wird von den meisten chinesischen Kommentatoren als Runde des alten Westens gesehen, die nicht die wichtigsten Kräfte repräsentieren“, sagt Sebastian Heilmann, Direktor des China-Instituts Merics, im „Deutschlandfunk“. China setze vielmehr auf die G20.

Warum ist der Streit um das Südchinesische Meer so bedeutsam?

China beansprucht einen Großteil des Südchinesischen Meeres. Dieser Anspruch ist umstritten, dennoch bauen die Chinesen Korallenriffe fleißig zu Inseln aus. Auch die Philippinen, Brunei, Malaysia, Vietnam und Taiwan beanspruchen die fisch- und rohstoffreichen Gewässer für sich. Die Situation ist gefährlich, immer wieder kommt es militärischen Zwischenfällen zwischen China und den USA, die im Südchinesischen Meer als regionale Schutzmacht auftreten. Doch beim G-7-Treffen geht es um mehr.

Es geht auch um das Prinzip, die Volksrepublik China in den Internationale Regularien miteinzubinden. Die G-7-Staaten verabredeten, sich gemeinsam hinter ein Urteil des Internationalen Seegerichtshofes bezüglichlich der Streitigkeiten im Südchinesischen Meer zu stellen. Die Entscheidung wird für Juni erwartet. China hat angekündigt, das Urteil nicht zu akzeptieren. „Es ist im Grunde jetzt eine Grundsatzfrage, ob es gelingt, China in diese internationalen, multilateralen Regelwerke einzubinden“, sagt Sebastian Heilmann, Europa sei einstimmig der Meinung, dass „wenn wir China rauslassen aus diesen internationalen Regularien, haben wir dort auf einmal eine völlig regellose Situation.“

Warum fühlt sich China eingedämmt?

Im Hintergrund schwelt ein weltpolitischer Machtkampf zwischen China und den USA um den Einfluss im pazifischen Raum. Die Chinesen fühlen sich durch die Orientierung der US-Politik nach Asien eingedämmt. Den G-7-Gipfel empfinden sie als Versuch ihrer politischen Rivalen Japan und USA, die Europäer in diesem Eindämmungs-Bestreben zu vereinnahmen. „Es gibt momentan viel Kritik aus Peking, dass Japan und die USA im Grunde versuchen, die G7 zu manipulieren“, sagt Merics-Chef Heilmann. Hinzu kommt die weitere Annäherung der Bündnispartner Japan und USA. Diese wird am Freitag durch den ersten Besuch eines US-Präsidenten in Hiroshima, dem Ort des Atombombenabwurfs, besonders sichtbar.

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