Bericht der „Financial Times“: China erwägt Ablösung von Hongkongs Regierungschefin
Seit Monaten gibt es in Hongkong Proteste gegen Chinas Führung. Nun denkt Peking offenbar darüber nach, Regierungschefin Carrie Lam zu ersetzen.
Die chinesische Führung erwägt nach einem Medienbericht langfristig eine Ablösung der umstrittenen Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam. Falls Staats- und Parteichef Xi Jinping die Entscheidung treffen würde, könnte ein Nachfolger bis März eingesetzt werden und den Rest der Amtszeit bis 2022 übernehmen, berichtete die „Financial Times“ am Mittwoch.
Die Situation mit den seit Monaten anhaltenden Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion müsse sich aber stabilisieren, bevor eine endgültige Entscheidung über den Führungswechsel getroffen werden könne. Peking wolle nicht den Eindruck erwecken, sich der Gewalt auf den Straßen zu beugen, zitierte die „Financial Times“ Personen, die über die Pläne unterrichtet worden seien.
Im Juli hatte das Blatt schon berichtet, dass Lam ihren Rücktritt angeboten hatte, aber von Peking gezwungen worden sei, im Amt zu bleiben. Die Hongkonger Regierungschefin hatte dementiert. Als mögliche Nachfolger werden laut „Financial Times“ jetzt Norman Chan, der frühere Chef der Währungsaufsicht, sowie Henry Tang, einst Verwaltungschef und Finanzminister, gehandelt.
Seit Monaten dauern die Demonstrationen gegen die Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Pekinger Führung an. 20 Wochenenden in Folge gab es schon Protestaktionen. Auslöser waren die Pläne der Regierungschefin für ein - inzwischen ausgesetztes - Auslieferungsgesetz. Damit hätten auch Personen, die vom chinesischen Justizsystem verdächtigt werden, an China ausgeliefert werden können.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten. (dpa)