Abgestürzte Präsidentenmaschine: Chaos im Tower von Smolensk
Der Streit schwelt weiter: Der polnische Innenminister Jerzy Miller meint, die Lotsen in Smolensk seien an dem Unglück mitschuldig und reagierte damit auf die in Moskau präsentierten Befunde, die den Tower in Smolensk gänzlich in Schutz nahmen.
Warschau - Bewunderer russischer Flüche kamen in Polen auf ihre Rechnung. Unter dem Druck polnischer Veröffentlichungen aus dem Tower des Militärflughafens im westrussischen Smolensk publizierte die „Zwischenstaatliche Luftfahrtkommission“ (MAK) in Moskau rund 20 Seiten Gespräche der Fluglotsen. Sie beginnen kurz vor dem Start der polnischen Präsidentenmaschine in Warschau am Morgen des 10. April 2010 und enden in chaotischen Wortfetzen, nachdem klar geworden ist, dass Kaczynskis Tupolew-154M kurz vor der Landebahn von Smolensk in einen Wald gestürzt ist. „Schickt die Feuerwehr dorthin!“, fordert schließlich einer der beiden diensthabenden Lotsen.
Zuvor haben die Lotsen festgestellt, dass unerwarteter dichter Nebel einen Landeversuch nicht ratsam erscheinen lässt, dann die Flugzentrale in Moskau immer wieder um die Nennung eines Ersatzflughafens gebeten. Die Wahl fällt zuerst auf Moskau-Wnukowo, später wird in Weißrussland um eine Landeerlaubnis für Witebsk oder Minsk gebeten. Doch will die Besatzung der ohnehin schon verspätet in Warschau gestarteten polnischen Präsidentenmaschine davon nichts wissen, sondern in Smolensk landen. Nur dies erlaubt Kaczynski einen plangemäßen Auftritt bei den Trauerfeierlichkeiten für die rund 22 000 vom sowjetischen Geheimdienst im Zweiten Weltkrieg ermordeten und in den nahen Wäldern von Katyn verscharrten Polen.
Aus den Auszügen aus den Gesprächen geht hervor, dass die Smolensker Lotsen wenige Minuten vor dem Landeanflug offenbar ihre Meinung änderten und das Präsidentenflugzeug nun willkommen hießen, anstatt es klar auf einen Ausweichflughafen umzuleiten. „Es gab direkten Druck auf die Lotsen, doch von wem er ausging, wissen wir nicht“, sagte Polens MAK-Vertreter Edmund Klich der „Gazeta Wyborcza“. Laut polnischer Interpretation kam die Anweisung aus Moskau. Kurz nach der Flugkatastrophe war spekuliert worden, dass Russland Ärger mit dem aufbrausenden Lech Kaczynski verhindern wollte und deshalb weder die Landung klar verboten noch den Flughafen wegen schlechten Wetters geschlossen hatte.
Der polnische Innenminister Jerzy Miller drehte daraus den Russen nun einen Strick. Die Lotsen in Smolensk seien an dem Unglück mitschuldig, sagte er. Die innenpolitisch angeschlagene Regierung reagierte damit auf die in Moskau präsentierten MAK-Befunde, die den Tower in Smolensk gänzlich in Schutz nahmen. Laut MAK sind gravierende Pilotenfehler und psychischer Druck auf die Besatzung – darunter durch den alkoholisierten polnischen Luftwaffenchef – verantwortlich für den Absturz.
Russische Nachrichtenagenturen warfen Warschau vor, Aufzeichnungen des Towers aus dem Kontext gerissen zu haben. Vorsichtiger war der russische Transportminister. Noch seien die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft zur Schuldfrage nicht abgeschlossen, sagte Igor Lewitin, die Mitschnitte aus dem Tower würden noch analysiert. In Polen kritisierten eine Reihe von Luftfahrtexperten die Attacke des Innenministers auf die Fluglotsen. „Die polnischen Piloten haben alle erdenklichen Vorschriften gebrochen“, sagte Tomasz Hypkim dem Privatradio „Tok FM“.
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