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Erntehelfer bei Grießheim in Baden-Württemberg
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Union streitet über Mindestlohn: CDU-Sozialexperte: "Es reicht mir langsam"

Der CDU-Sozialexperte Karl-Josef Laumann ärgert sich über die Dauerkritik seiner Parteifreunde am Mindestlohn. Damit, so meint er, fördere die Union den Eindruck, dass das alles nur der SPD zu verdanken sei.

Herr Laumann, über Pfingsten hat ein Teil Ihrer Partei die Vereinbarungen der großen Koalition zum Mindestlohn wieder in Frage gestellt. Wie lange soll dieses Hin  und Her  noch weitergehen?

Die ganze Debatte legt nahe, dass einige in der CDU den Mindestlohn grundsätzlich  ablehnen  – obwohl es dazu einen Parteitagsbeschluss gibt. Diese Leute sollten sich aber mal eines vor Augen halten: 80 Prozent der Deutschen wollen den Mindestlohn.

Der Wirtschaftsflügel der Union hält es offenbar eher mit den restlichen 20 Prozent...

Es reicht mir langsam, dass einige jede Maßnahme der Regierung so stark kritisieren, dass am Ende in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, als habe man dieses alles nur der SPD zu verdanken. Das politisch unklug zu nennen, ist noch gelinde ausgedrückt.

Es müsse unbedingt Ausnahmen für bestimmte Branchen und Arbeitnehmer geben, fordern Kritiker wie Michael Fuchs (CDU) oder Peter Ramsauer (CSU) – für  Rentner, Praktikanten und  Saisonarbeiter.  Was ist falsch daran?

Wenn ich höre, was der Wirtschaftsrat alles an Ausnahmen haben will, kann ich nur sagen: Das  ist  abenteuerlich. Wenn man ganze Bevölkerungsgruppen aus dem Mindestlohn herausnehmen will, soll man doch gleich sagen, dass man überhaupt keinen will. Wenn die Regelung  nicht für Rentner gelten würde, hätten Jüngere doch kaum noch eine Chance, an Mini-Jobs heranzukommen. Es ist genug geredet worden, wir müssen jetzt mal zu Potte kommen. Und es bleibt dabei: Wir brauchen einen  robusten Mindestlohn. Ohne Ausnahmen.

Karl-Josef Laumann
Karl-Josef Laumann
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Was ist mit den Erntehelfern? Bricht ein Mindestlohn fürs Erdbeerpflücken und Spargelstechen den kleinbäuerlichen Betrieben nicht das Genick?

Also mit Landwirtschaft kenne ich mich wirklich aus, ich lebe in einem der größten Agrargebiete Deutschlands. Und ich kann nur sagen: Dort gibt es inzwischen auch jede Menge Großunternehmen. Außerdem existiert für die Landwirtschaft längst ein Tarifvertrag, der festlegt, dass die Beschäftigten im Jahr 2017 mindestens  8,50 Euro erhalten. Worin, bitteschön, unterscheidet sich das von unserem Mindestlohngesetz? Darin sind Ausnahmen bis Ende 2016 erlaubt.

Sie sehen keine Probleme für bestimmte Niedriglohnbranchen?

Doch, bei den Zeitungsausträgern und den Taxifahrern sehe ich  Probleme, wie man einen  Mindestlohn praktisch umsetzt. Da muss man sicherlich noch Lösungen finden. Aber auch für diese Branchen sollte der Mindestlohn gelten.  Und ich habe kein Verständnis dafür, dass einige darüber nun wieder eine Grundsatzdebatte losgetreten haben.

Bäckereifachverkäuferin in Zwenkau bei Leipzig
Bäckereifachverkäuferin in Zwenkau bei Leipzig
© dpa

Vielleicht fühlt sich der Wirtschaftsflügel ja dadurch bestärkt, dass er beim Rentenpaket mit seiner Kritik auf den letzten Drücker ja auch noch was erreicht hat...

Wissen Sie, ich gönne jedem seinen Erfolg. Aber zu Politik gehört auch, Debatten zu beenden und zu entscheiden..

Der Chef des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Ramsauer, argumentiert auch mit dem Rentenpaket. Er sagt, dadurch lägen die Nerven in der Unionsfraktion bereits so blank, dass man sie jetzt nicht noch mit dem Mindestlohn überstrapazieren dürfe.

Wir arbeiten einen Koalitionsvertrag ab. Und  was die Kritik am Rentenpaket betrifft, sollten  wir immer an eines denken: Zumindest die Mütterrente war von der Union gewollt. Es handelte sich dabei um einen wichtigen Bestandteil des CDU/CSU-Wahlprogrammes, und vor der Bundestagswahl wurde damit geworben. Man kann nicht im Nachhinein über etwas  jammern, von dem man einen Großteil  selber erfunden hat.

Karl-Josef Laumann ist Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), der CDU-Sozialausschüsse. Das Gespräch führte Rainer Woratschka.

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