Rente mit 63: CDU-Führung droht SPD mit Scheitern der Reform
Der Koalitionsstreit um die Rente mit 63 spitzt sich zu. CDU-Vize Julia Klöckner fordert Abstriche bei der Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit. Ein Komplettverzicht würde die Kosten um ein Drittel verringern.
Im Koalitionsstreit um die Rente mit 63 legt die CDU nochmals nach. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner droht der SPD mit einem Scheitern des Vorhabens. Dieses sei zwar Teil des Koalitionsvertrages, sagte Klöckner der “Saarbrücker Zeitung“. Dort sei aber nicht vereinbart, dass die Rente mit 63 Jahren nach dem Modell von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ausgestaltet werde. Sollte die SPD das nicht verstehen, “dann gibt es wohl keine Einigung und wohl keine Rente mit 63“, mahnte Klöckner.
Im Paket ist auch die Mütterrente
Das Rentenpaket von Nahles, das auch die von der Union geforderte Mütterrente beinhaltet, war am Donnerstag erstmals im Bundestags beraten worden. Die Kritik der Union entzündet sich vor allem daran, dass bei dem geplanten früheren Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren auch Zeiträume berücksichtigt werden sollen, in denen der Betroffene arbeitslos gemeldet waren.
Klöckner forderte, Nahles müsse dafür sorgen, dass der Gesetzentwurf einen absehbaren Missbrauch unterbinde. Die CDU-Politikerin ergänzte, sie persönlich sei gegen jegliche Anrechnung von Arbeitslosenzeiten. “Sollte es sie dennoch geben, dann nur sehr begrenzt.“ Außerdem dürfe die Zeit der Erwerbslosigkeit keinesfalls am Ende eines Berufslebens stehen, wurde die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende zitiert.“ Sonst ist die Frühverrentungswelle vorprogrammiert.“
Schon am Wochenende hatten Unionspolitiker Widerstand gegen die geplante Anrechnung von Arbeitslosenzeiten für die Rente mit 63 angedeutet. Die SPD dagegen warnte vor einer Durchlöcherung des Vorhabens. “Lasst uns das offensiv verteidigen und nicht schamhaft“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Wer das Paket kritisiere, habe meist höhere Einkommen, kenne keine Schichtarbeit und habe nicht 45 Jahre arbeiten müssen. Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, verteidigte Nahles: “Es ist erschütternd, dass es sich Teile der Union offenbar vorgenommen haben, in ihrem Kampf für die Durchlöcherung des Tarif- und Rentenpakets ihr Mütchen an den Arbeitslosen zu kühlen“, sagte er “Handelsblatt Online“.
Junge Unions-Abgeordnete lehnen Entwurf ab
Dagegen schlossen sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der Kritik junger CDU-Abgeordneter an. “Die zentrale Botschaft muss sein: Keine Frühverrentung, und wer länger arbeiten will, der muss davon etwas haben. Das werden unsere Punkte sein“, sagte Kauder auf dem CDU-Parteitag in Berlin. Er betonte aber zugleich, die Union stehe zum Koalitionsvertrag. “Nur wenn jemand tatsächlich 45 Jahre lang Beiträge eingezahlt hat, sollte er mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können“, forderte Vize-Fraktionschef Michael Fuchs (CDU) in der “Passauer Neuen Presse“. In der Unionsfraktion herrsche “ziemliche Unruhe“ wegen der Pläne. Sollte es bei der Anrechnung von Arbeitslosenzeiten bleiben, werde er gegen die Reform stimmen.
Ohne Anrechnung ist günstiger
Ein Verzicht auf die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 würde die Zahl der Berechtigten und die Kosten nach Regierungsberechnungen um ein Drittel verringern. Dies geht aus der Antwort von Arbeits-Staatssekretär Jörg Asmussen auf eine Kleine Anfrage hervor, die die Grünen am Montag in Berlin veröffentlichten. Im Jahr 2030 gäbe es auf dieser Grundlage etwa eine Million Begünstigte weniger. Die Kosten wären demnach in dem Jahr um etwa 700 Millionen Euro geringer. Die Gesamtersparnis betrüge mehrere Milliarden Euro, da die Rente mit 63 schon im Juli dieses Jahres eingeführt werden soll.
Weniger als die Hälfte der möglichen Berechtigten für die Rente mit 63 weist der Regierungsantwort zufolge bisher gar keine Zeiten der Arbeitslosigkeit auf. In einer Stichprobe des Jahres 2011 seien dies 43,8 Prozent gewesen. Etwa 38 Prozent hätten bis zu zwei Jahre Arbeitslosengeld bezogen. Fünf Jahre oder mehr Arbeitslosengeld erhielten 3,4 Prozent. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in diesem Jahr rund 200.000 Beschäftigte von der Rente mit 63 profitieren. Davon würde nach ihrer Einschätzung “rund ein Viertel ohne diese Regelung einen späteren Rentenzugang“ wählen. Anreize zur Frühverrentung sieht die Regierung dennoch nicht.
Grüne kritisieren Kritik
"Die Debatte um die Anrechnung von Arbeitslosenzeiten lenkt von den eigentlichen Herausforderungen einer längeren Lebensarbeitszeit ab“, kritisierte der Grünen-Politiker Markus Kurth die Diskussionen in der schwarz-roten
Koalition. “Statt Personen unabhängig davon in Rente zu schicken, ob sie noch arbeiten können oder nicht, bedarf es individueller Lösungen.“ Bei der Erwerbsminderungsrente etwa müssten die Abzüge abgeschafft werden. Notwendig seien größere Anstrengungen, Älteren längeres Arbeiten in den Betrieben zu ermöglichen. (Tsp/rtr)