„Das ist doch absurd“: CDU-Chefin wegen Äußerung zu YouTubern weiter in der Kritik
Die Linke wirft der CDU vor, die junge Generation nicht ernst zu nehmen. Kramp-Karrenbauer weist die Vorwürfe erneut zurück.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat erneut deutlich gemacht, dass es in der Debatte um „Meinungsmache“ im Netz nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit geht. „Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt werden wir alle in der CDU immer verteidigen“, erklärte Kramp-Karrenbauer am Dienstag in Berlin. Sie fügte hinzu: „Gerade in kontroversen Zeiten, etwa im Wahlkampf, tragen wir alle dafür eine Verantwortung, wie wir miteinander diskutieren und wie sich politische Meinung bildet.“
Die CDU-Chefin hatte am Vortag in einer Pressekonferenz zur Nachlese des miserablen Europawahlergebnisses ihrer Partei unter anderem eine offensive Diskussion über politische „Meinungsmache“ im Netz angeregt. Hintergrund ist ein Wahlaufruf einer Reihe von Youtubern vor den Wahlen vom Sonntag gegen CDU und SPD. In den sozialen Netzwerken wurden Kramp-Karrenbauers Worte vielfach dahingehend verstanden, sie habe die Regulierung von Meinungsäußerungen im Internet vor Wahlen angeregt. Sie selbst wies das zurück.
Kramp-Karrenbauer hatte viel Kritik geerntet – unter anderen von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Das ist doch absurd“, erklärte Klingbeil am Dienstag. „Niemand würde sich aufregen, wenn ein Schauspieler oder ein Sportler eine Wahlempfehlung abgibt. Wenn Frau Kramp-Karrenbauer jetzt ernsthaft plant, irgendwie gesetzlich gegen Youtuber vorzugehen, wird das mit meiner Partei ganz sicher nicht zu machen sein.“
Die Linke warf der CDU-Chefin vor, die junge Generation nicht ernst zu nehmen. Ihr Kommentar zur Kritik der YouTuber offenbare „das desaströse Verhältnis der CDU zur jungen Bevölkerung“, sagte die Linken-Vorsitzende Katja Kipping der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Die Äußerung zeige „erneut die Unfähigkeit, auf berechtigte Kritik zu antworten“.
Kipping fügte hinzu: „Kramp-Karrenbauer zeigt, welchen Stellenwert junge Menschen für die CDU haben: Ihr könnt euch politisch äußern, das interessiert uns nicht, so lange ihr nicht lästig werdet.“ So funktioniere Demokratie aber nicht. „Wenn die CDU nicht aufhört, berechtigte Kritik zu diskreditieren, und dazu übergeht, sich der sachlichen Diskussion zu stellen, diskreditiert sie sich als demokratische Partei.“
Wenn noch ein Beweis nötig gewesen sei, dass die CDU eine gesamte Generation verloren habe, so habe ihn Kramp-Karrenbauer mit ihrem „Zensur-Vorstoß gegen YouTuber“ gerade erbracht, sagte Kipping weiter.
CDU-Bundesvize kritisiert Verrohung der Sprache
Der CDU-Bundesvize Thomas Strobl verteidigte die CDU-Chefin. Es brauche im Netz Regeln, sagte Strobl am Dienstag in Stuttgart. „Wer glaubt, er sei im Internet im rechtsfreien Raum, obliegt einfach einem Irrtum.“ Insofern habe die CDU-Bundesvorsitzende in diesem Punkt seine uneingeschränkte Unterstützung.
Strobl kritisierte in dem Zusammenhang auch die Verrohung der Sprache im Netz. „Man kann ja andere politische Parteien bekämpfen oder mit ihnen in einen Wettbewerb treten, das ist natürlich in Ordnung. Ob man sie gleich zerstören muss, darüber darf man zumindest einmal sprechen“, sagte er mit Blick auf das millionenfach geklickte Video des Youtubers Rezo mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“. Strobl, der auch baden-württembergischer Innenminister ist, sagte, er sei nicht bereit, die Brutalisierung und Verrohung der Sprache im Netz achselzuckend zu akzeptieren - „und schon gar nicht die Tatsache, dass das aus dem Netz immer mehr in unsere wirkliche Welt rüberschwappt wie eine Seuche“.
Der CDU-Politiker Carsten Linnemann bezeichnete Kramp-Karrenbauers Äußerungen als „unglücklich“. „Wir brauchen die freie Meinungsäußerung, und nichts anderes will auch Frau Kramp-Karrenbauer“, versicherte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag am Dienstag dem Fernsehsender n-tv. (dpa)