Nach Anschlag in Berlin: CDU attackiert Rot-Rot-Grün wegen Videoüberwachung
Die Deutschen wollen nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz einer Umfrage zufolge mehr Überwachung. Innenminister De Maizière verlangt von der Berliner Landesregierung, ihre zögerliche Haltung zu überdenken.
Nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin ist die Mehrheit der Deutschen für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. In der Politik stehen sich hier Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und der Berliner Senat gegenüber: Der rot-rot-grüne Senat will die Videoüberwachung trotz beschlossenem Gesetzesentwurf des Bundeskabinetts, das die Überwachung an öffentlichen Plätzen erleichtert, nicht ausweiten. Ein Sprecher von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte am Sonntag, die politische Diskussion zu dem Thema sei verfrüht.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Deutsche Presse-Agentur sprechen sich 73 Prozent für eine Aufstockung der Polizeikräfte und 61 Prozent für eine bessere Ausrüstung der Polizei aus. Eine große Mehrheit von 60 Prozent ist für eine stärkere Videoüberwachung öffentlicher Räume.
Am vergangenen Montag war der mutmaßliche Terrorist Anis Amri mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. Dabei wurden zwölf Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Der Weihnachtsmarkt wurde nicht von der Polizei mit Kameras observiert.
De Maizière (CDU) forderte den Berliner Senat auf, seine Haltung zur Videoüberwachung „dringend“ zu überdenken. De Maizière verwies in der „Bild am Sonntag“ auf die Linie der Bundesregierung: „Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Gesetz beschlossen, das die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen erleichtert und damit einen wichtigen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung leisten wird.“
Die Berliner Innenverwaltung will sich aber beim Einsatz von Videoüberwachung nicht unter Druck setzen lassen. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz sollten erst einmal die Ermittlungen zu Ende geführt werden, sagte der Sprecher von Geisel, Martin Pallgen, am Sonntag auf Anfrage. „Dann können wir in die politische Diskussion einsteigen. Jetzt halten wir das für verfrüht.“ Zugleich betonte Pallgen, das Thema müsse angesichts der veränderten Lage neu bewertet werden.
Dregger: "Opferschutz Vorrang vor Täterschutz geben"
Aus der Berliner CDU kam umgehend scharfer Widerspruch. Die Debatte komme nicht etwa verfrüht, sondern "eindeutig zu spät", teilte der Innenpolitiker Burkard Dregger am Sonntag mit. "Die Innenverwaltung sollte sich diese, vor dem Hintergrund des schrecklichen Anschlags vom letzten Montag, zynisch anmutende Bewertung sparen", sagte Dregger. Eine Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen könnte demnach ein Bestandteil der Sicherheitsarchitektur sein. "Terror ist nie privat, und ein Verzicht auf Videoüberwachung kann in diesem Zusammenhang deshalb nie mit dem Hinweis auf die Privatsphäre begründet werden", betonte der Christdemokrat. "Der rot-rot-grüne Senat muss endlich dem Opferschutz Vorrang vor dem Täterschutz geben."
In der YouGov-Umfrage fordert jeder zweite Befragte auch mehr Kompetenzen für die Bundeswehr bei Terroranschlägen. Soldaten dürfen bereits jetzt bei großen Anschlägen zum Einsatz kommen, wenn die Polizei um Hilfe bittet. Es ist aber nicht genau festgelegt, welche Kräfte für welche Aufgaben in Frage kommen. Im März soll die erste gemeinsame Übung von Bundeswehr und Polizei für den Terrorfall stattfinden. (Tsp, dpa)