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Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker erhielt Morddrohungen.
© Michael Gottschalk/AFP

Nach dem Mord an Lübcke: Bürgermeister werden massiv bedroht

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker erhielt eine Morddrohung. Auch andere Kommunalpolitiker sehen sich seit 2015 mit Bedrohungen konfrontiert.

Viele Kommunalpolitiker sehen sich seit Jahren mit Bedrohungen und Beschimpfungen konfrontiert. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke werden nun mehrere Personen massiv bedroht. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) erhielt eine Morddrohung.

Drohbriefschreiber kündigt "Säuberungen" an

In einer E-Mail drohte ihr ein offensichtlich rechtsradikaler Verfasser, sie „hinrichten“ zu lassen, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete. Mit dem Mord an Lübcke habe die „Phase bevorstehender Säuberungen“ begonnen. „Es werden ihm noch viele weitere folgen. Unter anderem Sie beide.“ Mit der zweiten Person ist hier Andreas Hollstein gemeint, Bürgermeister der westfälischen Kleinstadt Altena. Er soll die gleiche Mail erhalten haben wie Henriette Reker.

Die Drohschreiben richten sich gegen zwei Kommunalpolitiker, die aus eigener bitterer Erfahrung nur zu gut wissen, wie schnell aus solchen Drohungen aus der rechtsextremen Ecke Ernst werden kann: Reker wurde 2015 auf einer Wahlkampveranstaltung von einem Rechtsextremen mit einem Messer attackiert und lebensgefährlich am Hals verletzt. Hollstein wurde im November 2017 in einem Imbiss ebenfalls mit einem Messer angegriffen. Auch er erlitt eine Halsverletzung. Beide Täter begründeten ihren Angriff mit der Haltung der attackierten Person in der Flüchtlingspolitik. Auch Lübcke wurde bedroht und beschimpft, weil er sich in dieser Debatte sehr deutlich positioniert hatte und Hilfe für Flüchtlinge mit den Grundwerten dieser Gesellschaft begründete.

Mehr Beschimpfungen und Bedrohungen seit 2015

Tatsächlich erleben Kommunalpolitiker seit 2015, dem Höhepunkt der Flüchtlingsdebatte, offenbar deutlich mehr Beschimpfungen und auch Bedrohungen als in den Jahren zuvor. Im kleinen Ort Tröglitz in Sachsen-Anhalt hatte im Jahr 2015 der damalige Bürgermeister Markus Nierth die Bürger aufgerufen, den Flüchtlingen eine Chance zu geben. Rechtsextreme kündigten eine Demonstration an, die direkt vor Nierths Wohnhaus enden sollte. Daraufhin trat Nierth von seinem Amt zurück, auch aus Sorge um seine Familie.

Leipzigs Oberbürgermeister brauchte Polizeischutz

Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erhielt Morddrohungen, nachdem er sich offen gegen die Demonstranten von Pegida gestellt hatte. „Zeitweise stand ich unter Polizeischutz“, sagte Jung der „Bild“-Zeitung. Außerdem kann nicht mehr jeder im Rathaus direkt in sein Büro spazieren, der Zugang ist nun gesichert.

Polizeischutz bekommen Kommunalpolitiker allerdings nur in seltenen Fällen, und dann meist auch nur für kurze Zeit.

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