Der Fall Amri: Bundestagskontrolleure kritisieren Nachlässigkeit der Behörden
Der spätere Attentäter Anis Amri hätte viel früher als gefährlich eingestuft werden müssen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht an die Bundestagsabgeordneten.
Bei der Überwachung des späteren Berliner Attentäters Anis Amri haben nach einem Bericht des Bundestagskontrollgremiums gleich mehrere Behörden nachlässig gehandelt. Die Systematik, mit der die Polizei Gefahren bewerte, habe dazu geführt, dass Amri falsch eingestuft worden sei. „Amri als sehr gefährlich einzuschätzen, war auf Basis der vielfältigen vorliegenden Informationen zwingend. Umso unverständlicher ist, dass seine Handlungsspielräume (...) nicht konsequenter eingeschränkt wurden“, heißt es in der Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) an den Bundestag.
Pannen, Versäumnisse, Fehlentscheidungen
Beim Verfassungsschutz hätte es zudem „weitere Ansätze für Aufklärungsmaßnahmen gegen Amri“ geben können, die aber weder angefordert, noch eigenständig angeboten worden seien. Die Ausländerbehörden hätten eine Abschiebung Amris nicht konsequent genug vorbereitet, mehrere Staatsanwaltschaften nicht ausreichend zusammengearbeitet.
Zwei Mitglieder des Gremiums tragen das Papier nicht mit und üben deutliche Kritik. „Der Bericht ist über weite Teile schönfärberisch und suggeriert, dass die zuständigen Behörden fast alles richtig gemacht hätten“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende André Hahn (Linke) am Donnerstag. Pannen, Versäumnisse und Fehlentscheidungen kämen nur unzureichend zur Sprache.
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele kritisierte, die Regierung verheimliche Chat-Protokolle des Attentäters. Sicherheitsbehörden hätten ihre Pflichten nicht erfüllt. Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern sei „nur eine Runde organisierter Verantwortungslosigkeit“ gewesen. Beide Abgeordneten erklärten, die Behörden hätten den Terroranschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt verhindern können und müssen. (dpa)
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