Linken-Politiker van Aken zu Syrien: "Bundesregierung sollte kurdischem Norden helfen"
Der Linken-Politiker Jan van Aken war in Syrien, im vorwiegend von Kurden bewohnten Norden. Er hat nun eine Idee, wie der Konflikt gelöst werden könnte.
Herr van Aken, Sie waren gerade mehrere Tage in Syrien. Kommen Sie zurück mit einer neuen Idee für eine Lösung des Konflikts?
Ja, tatsächlich. Ich habe den Norden Syriens besucht, also das überwiegend von Kurden bewohnte Gebiet. Ich habe mit Überraschung festgestellt, dass dort die Bevölkerung – sowohl Kurden, Araber als auch Christen – eine eigene Selbstverwaltung aufgebaut haben. Und das mitten im Krieg. Eigentlich all das, was der Westen seit zwei Jahren immer wieder sagt: Wir brauchen ein demokratisches, ein multiethnisches, wir brauchen ein multireligiöses Syrien, das wird dort im Moment realisiert. Für das Frühjahr werden sogar Wahlen vorbereitet.
Wie ist die Reise zu Stande gekommen?
Ich wollte in diese Region, nachdem ich mich vor einem Dreivierteljahr hier in Deutschland mit einem Vertreter des Hohen Kurdischen Rates getroffen habe. Der leitet dort die Regierungsgeschäfte. Der kurdische Nationalkongress ist eine Organisation, in der fast alle kurdischen Parteien fast jeder Prägung aus den vier kurdischen Ländern Türkei, Irak, Syrien und Iran zusammengefasst sind. Die haben die Tage vor Ort für mich organisiert.
War die Tour nicht hochgefährlich?
Ehrlich gesagt – und das hört sich absurd an: In dem Moment, in dem ich die Grenze nach Syrien überschritten hatte, fühlte ich mich sicher. Wir mussten auf dem Weg in den Norden Syriens durch den Irak, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Dort war es dann wirklich gefährlicher, als wir vorher dachten. In Mossul und um Mossul herum herrscht eine echte Kriegssituation. Die Fahrt dort war der heikelste Moment. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich nicht gefahren.
Für viele in Deutschland gilt noch immer: böses Assad-Regime, gute Rebellen. Wie sehen Sie das?
Für mich ist das schon lange vorbei. Ich fand die Rebellen nie gut. Dass sie hier einen guten Ruf hatten, lag vor allem an der Freien Syrischen Armee. Doch die existiert gar nicht mehr: Alle Gesprächspartner in Syrien haben uns bestätigt, dass sie sich praktisch aufgelöst hat. Im Moment gibt es das – auch aus meiner Sicht – böse Assad-Regime und die Dschihadisten. Und gegen beide muss sich der Norden verteidigen. Die führen dort gerade einen Zweifrontenkrieg und werden zudem von allen Nachbarländern mit einem Embargo belegt. Die Bundesregierung sollte sich zum Beispiel gegenüber der Türkei dafür einsetzen, dass gerade diese demokratische Region mit Hilfslieferungen versorgt wird.
Jan van Aken ist seit 2009 Bundestagsabgeordneter der Linken. 2012 wurde der Hamburger zu einem der stellvertretenden Vorsitzenden der Linkspartei gewählt. Van Aken berichtet am 15. Januar bei einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung über seine Reise. Informationen dazu hier. Das Gespräch führte Matthias Meisner.