Neue Durchführungsanordnung: Bundesregierung lenkt im Streit um gekürzte NS-Opferrenten ein
Die Bundesregierung hatte Opfern der Nazis beim Umzug in ein Altenheim bisher die Rente gekürzt. Das Finanzministerium hat die Regelung nun aufgehoben.
Die Bundesregierung hat Opfern des Nationalsozialismus bei einem Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim bisher die Opferrente gekürzt - das Finanzministerium hat diese umstrittene Regelung nun aufgehoben. Alle Berechtigten, die seit Januar in ein solches Heim umgezogen sind, „erhalten weiterhin Leistungen in der Höhe, die sie zum Zeitpunkt des Umzugs erhalten haben“, heißt es in der Durchführungsanordnung. Sie richtet sich an die für die Zahlungen zuständige Generalzolldirektion Köln und liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Mindestens sind 415 Euro zu zahlen. Für Berechtigte, die vor 2019 in einen Heim umgezogen sind, gilt die Neuregelung mit Wirkung zum Jahresbeginn. Das Ministerium hatte bisher argumentiert, dass bei einem Umzug in ein Heim sich der finanzielle Bedarf der NS-Opfer ändert, weil andere Einrichtungen hinzutreten, die Kosten übernehmen. Die Kürzungsregelung war unter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingeführt worden - die Linke hatte den amtierenden Minister Olaf Scholz (SPD) aufgerufen, die Praxis zu ändern.
26 Fälle von Neuregelung betroffen
Auslöser der Debatte war vor allem der Fall des Wehrmachtsdeserteurs und Friedensaktivisten Ludwig Baumann, der am 5. Juli 2018 verstorben war. Weil er zu spät den Umzug in ein Pflegeheim gemeldet hatte, erhielt sein Sohn nach dem Tod eine Rückzahlungsforderung über rund 4000 Euro. Baumann, der wegen Kriegsverrats erst zum Tode verurteilt und dann in ein KZ gekommen war, bezog seit 1993 Opferrente. 2017 zog der Träger des Aachener Friedenspreises in ein Heim - statt 660 Euro wurden ihm nur noch 352 Euro „Heimtaschengeld“ bewilligt.
Laut Bundesregierung gibt es aktuell noch 26 Fälle, auf die die Neuregelung zutrifft. Der Parlamentsgeschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, sagte, der Vorstoß des Finanzministeriums sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Er war allerdings längst überfällig, um die beschämende und diskriminierende Kürzung der Härteleistung für die wenigen noch lebenden Opfer zu beenden.“
Die Änderung sei auch das Resultat der Proteste der Bundesvereinigung der Opfer der NS-Militärjustiz sowie eines entsprechenden Linken-Antrags. Notwendig sei aber statt 415 Euro eine Zahlung von mindestens rund 540 Euro im Monat, so Korte. (dpa)