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Noch ist fraglich, ob es bis August genügend Kita-Plätze gibt.
© dpa

Streit um Kinderbetreuung: Bund will nicht für fehlende Kita-Plätze haften

Immer noch sollen 150.000 Kita-Plätze fehlen - und das obwohl Eltern ab August einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben. Es wird um Verantwortlichkeiten gestritten. Die Familienministerin sieht aber auch positive Trends.

Berlin - Sieben Monate bleiben noch, dann haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre ein- bis dreijährigen Kinder. Doch auch wenn Familienministerin Kristina Schröder (CDU) immer noch betont, dass dies zu erfüllen sei, glaubt kaum jemand daran. Nicht zu schaffen, sagen Städte und Gemeinden, die von etwa 150 000 fehlenden Plätzen ausgehen. Deshalb wollten sie Bund und Länder in Regress nehmen, falls enttäuschte Eltern von August an vor Gericht ziehen. Nun erhielten die Kommunen von der Ministerin eine Absage – und eine deutliche Ansage noch dazu. Es sei die Aufgabe der Kommunen, sich um Schadenersatzansprüche zu kümmern, wenn es zu Klagen komme, sagte Schröder bei der Vorlage des Familienreports 2012. „Ich finde es seltsam, dass die Kommunen jetzt lieber über den Schadenersatz für sich reden als über die Schadensbegrenzung für die Eltern.“ In der Frage der Schadensbegrenzung streiten Bund, Länder und Kommunen fleißig weiter – unter anderem, weil sie von unterschiedlichen Zahlen ausgehen.

Aus dem Report der Regierung geht hervor, dass auf dem Land 32 Prozent der Familien einen Platz für ihr Kind unter drei Jahren suchen. In Ballungsräumen seien es 40 Prozent. Demgegenüber rechnen die Städte und Gemeinden damit, dass in größeren Städten 50 bis 60 Prozent der Eltern einen Platz brauchen. Sie beziehen sich dabei auf Umfragen zum Bedarf für ein- und zweijährige Kinder und glauben wie die Opposition, dass der Bund wesentlich mehr leisten müsse. „Beim Kita-Ausbau hat Ministerin Schröder es versäumt, die Weichen richtig zu stellen. Jahrelang hat sie es nicht vermocht, zusätzliche Mittel angesichts steigender Bedarfe zur Verfügung zu stellen“, sagt Katja Dörner, die familienpolitische Sprecherin der Grünen.

Um die voraussichtliche Betreuungslücke überbrücken und den Rechtsanspruch verwirklichen zu können, schlägt der Städte- und Gemeindebund größere Kita-Gruppen vor. Er wird aber auch in dieser Angelegenheit von Schröder ausgebremst: Schrauben an pädagogischen Standards anzusetzen, halte sie für „absolut nicht verantwortbar“. Zudem kritisierte sie, dass viele Kommunen der Aufgabe bisher nicht nachgekommen seien, ihren tatsächlichen Bedarf zu ermitteln.

Der Rechtsanspruch und der Ausbau der Kita-Plätze sollen wie das Eltern- und Betreuungsgeld Paaren die Entscheidung für ein Kind erleichtern. Einen Trend zu „mehr Geburten“ erkennt die CDU-Ministerin aber schon jetzt. Vor allem sei „der Anstieg der Kinderlosigkeit bei Akademikerinnen gestoppt“, sagte sie. Im Familienbericht heißt es, Frauen holten heute häufiger aufgeschobene Kinderwünsche im Alter von mehr als 30 Jahren nach.

Wenn sich Paare Nachwuchs wünschen, dann oft gleich mehrfach, heißt es in dem Bericht. Fast die Hälfte der Kinder hat eine Schwester oder einen Bruder, nur ein Viertel der Kinder sind Einzelkinder. Überraschend große regionale Unterschiede gibt es jedoch in der Art der Elternbeziehung. Während in Ostdeutschland rund 62 Prozent der Kinder aus einer Beziehung ohne Trauschein stammen, sind es im Westen nur 27,7 Prozent. Ähnlich sieht es im Umfang der Betreuung aus. Beantragen in Westdeutschland nur ein Drittel der Eltern einen Ganztagesplatz in Kitas, sind es im Osten drei Viertel. Katrin Schulze

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