Bisher knapp 200.000 Euro monatlich: Bund will im Juli beantragen, dass NPD kein Staatsgeld mehr bekommt
Beim Verfassungsgericht soll beantragt werden, dass die NPD kein Geld mehr bekommt. Im Schriftsatz werden verfassungsfeindliche Aktivitäten genannt.
Der Antrag von Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung auf Entzug aller staatlichen Gelder für die NPD ist fertiggestellt. Der Schriftsatz solle im Juli dem Bundesverfassungsgericht geschickt werden, sagten hochrangige Sicherheitsexperten dem Tagesspiegel. Fast alle Innenminister hätten inzwischen versichert, dass der Antrag keine Informationen von V-Leuten enthalte.
Die NPD bekommt 2019 vierteljährlich knapp 200.000 Euro in Form von Abschlagszahlungen. Angesichts der desaströsen Ergebnisse der rechtsextremen Partei bei Landtags- und Bundestagswahlen sind die staatlichen Zuwendungen geschrumpft. Bei vielen Landtagswahlen verpasste die NPD die Mindesthöhe von einem Prozent der Wählerstimmen, bei der Bundestagswahl 2017 blieb die Partei unter den erforderlichen 0,5 Prozent. Bis 2016 hatte die NPD lange etwa eine Million Euro im Jahr bekommen.
Im Schriftsatz würden verfassungsfeindliche Aktivitäten der Partei aufgelistet, sagten Sicherheitskreise. Ein Fall sei das „Schild & Schwert“-Festival im sächsischen Ostritz. Organisator ist Thorsten Heise, Vizevorsitzender der NPD. Zu dem zweimal im Jahr 2018 veranstalteten Treffen kamen hunderte Neonazis, die Polizei leitete Verfahren wegen Zeigen des Hitlergrußes und weiterer Straftaten ein. Im Antrag sind zudem die Versuche der NPD dokumentiert, in der Manier von Bürgerwehren mit Streifengängen in Berlin und weiteren Städten „Schutzzonen“ zu schaffen.
Das Risiko, das von Sicherheitsexperten als „kleines Verbotsverfahren“ bezeichnete Prozedere zum Entzug der Gelder können an V-Leuten scheitern, ist offenbar gering. Wegen Spitzeln in Vorständen der NPD hatte das Bundesverfassungsgericht das erste Verbotsverfahren gegen die Partei 2003 eingestellt.
Der Entzug des Geldes gilt als „kleines Verbotsverfahren“
Im zweiten Verfahren hatten Bund und Länder auf Angaben von V-Leuten verzichtet. Das Bundesverfassungsgericht lehnte dennoch 2017 den Verbotsantrag des Bundesrates ab, da die NPD trotz ihrer verfassungsfeindlichen Einstellung als zu klein für eine Gefährdung der Demokratie eingestuft wurde. Der Vorsitzende des Zweiten Senats, Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, deutete jedoch im Vorwort zum Urteil an, der „verfassungsändernde Gesetzgeber“ könnte sich die staatliche Teilfinanzierung vornehmen. Im Juni 2017 änderte dann der Bundestag den Grundgesetz-Artikel 21. Verfassungsfeindlichen Parteien können jetzt die staatlichen Gelder für sechs Jahre entzogen werden. Entscheiden müssen allerdings wie bei den Verbotsverfahren die Richter in Karlsruhe.
NPD wehrt sich per Organklage gegen Grundgesetzänderung
Im Frühjahr 2018 vereinbarten Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung, beim Bundesverfassungsgericht einen gemeinsamen Antrag auf Entzug der staatlichen Mittel für die NPD zu stellen. Die Partei wehrt sich, sie reichte bereits im September 2017 beim Bundesverfassungsgericht eine Organklage gegen die Änderung des Grundgesetzes ein. Wann die Richter in Karlsruhe darüber verhandeln, ist offen.
Sicherheitskreise sehen den Antrag auf Entzug der staatlichen Gelder für die NPD skeptisch. Zu befürchten sei, dass das Bundesverfassungsgericht angesichts des fortschreitenden Niedergangs der Partei wieder urteile, die vom Staat geplante Sanktion sei nicht verhältnismäßig, hieß es.