Großbritannien: Britisches Parlament erzwingt Veto-Recht über Brexit-Abkommen
EU-freundliche Rebellen in der Regierungsfraktion bringen Theresa May ihre erste Niederlage im Parlament bei. Sie gerät nun in Sachen Brexit weiter unter Druck.
Das britische Parlament hat sich gegen den Willen der Regierung von Premierministerin Theresa May ein Veto-Recht über das Brexit-Abkommen gesichert. Bei der Abstimmung am Mittwoch über einen Änderungsantrag zum EU-Austrittsgesetz stimmten mehrere Rebellen aus der Regierungsfraktion gemeinsam mit der Opposition ab und brachten May ihre erste Niederlage im Parlament bei. Für den Gesetzeszusatz stimmten 309 Abgeordnete, 305 votierten dagegen.
Die britische Regierungschefin kommt damit weiter unter Druck, diesmal von der EU-freundlichen Seite in ihrer Fraktion. May regiert mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur sieben Mandaten.
Der geänderte Text des Gesetzentwurfs zwingt die Regierung, ein Abkommen über den EU-Austritt mit Brüssel durch ein Gesetzgebungsverfahren im Parlament absegnen zu lassen. Die Parlamentarier wollen sich damit mehr Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen in Brüssel sichern.
Labour-Chef Corbyn: "Demütigender Autoritätsverlust für die Regierung"
Labour-Chef Jeremy Corbyn äußerte sich wenige Minuten nach der Abstimmung zu der Niederlage der Premierministerin. Über den Kurznachrichtendienst Twitter teilte er mit: "Diese Niederlage ist ein demütigender Autoritätsverlust für die Regierung am Vorabend der Tagung des Europäische Rates". Seit dem Brexit-Referendum hätte er sich für eine Abstimmung im Parlament über die Bedingungen des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union stark gemacht, schrieb Corbyn in einem Facebook-Beitrag am Mittwochabend. "Theresa May hat sich dieser demokratischen Rechenschaftspflicht widersetzt." Nun müsse sie akzeptieren, dass sich das Parlament die Kontrolle wieder übernehme, so der Labour-Chef weiter.
Brexit-Minister versuchte Tory-Rebellen zu besänftigen
Brexit-Minister David Davis versuchte noch am Mittwochmorgen in einem Schreiben, die Tory-Rebellen zu besänftigen und versprach ihnen eine „bedeutende Abstimmung“ über das Abkommen.
Brexit-Hardliner warfen der EU-freundlichen Gruppe unter Führung des ehemaligen Generalstaatsanwalts und konservativen Abgeordneten Dominic Grieve vor, das ganze EU-Austrittsgesetz behindern zu wollen. Bis zuletzt hatte die Regierung versucht, die Rebellen auf Linie zu bringen. Doch auf einen Kompromissvorschlag in letzter Minute sagte ein verbittert wirkender Grieve: „Es ist zu spät.“ Das Brexit-Ministerium äußerte sich am Mittwochabend "enttäuscht" über den Ausgang des Votums.
Mit dem EU-Austrittsgesetz soll die Grundlage für die Geltung von EU-Recht in Großbritannien beendet werden. Gleichzeitig sollen damit alle EU-Vorschriften in nationales Recht übertragen werden, damit beim Austritt kein Chaos entsteht. May muss mit weiteren Niederlagen in den kommenden Wochen rechnen. Zu dem Gesetz waren Hunderte Änderungsanträge eingebracht worden. (mit dpa)