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Brennender Öltanker im Golf von Oman
© REUTERS/Handout/ISNA
Update

Schuldzuweisung nach Tanker-Angriffen: Britischer Botschafter widerspricht iranischen Berichten

Diplomatische Spannungen nach den Explosionen an zwei Öltankern im Golf von Oman: Der britische Botschafter verneint, von Teheran einbestellt worden zu sein.

Der britische Botschafter in Teheran hat iranische Berichte zurückgewiesen, wonach er am Samstag vom Außenministerium einbestellt worden sei. „Interessant. Und mir neu“, schrieb Rob Macaire am Sonntag auf Twitter. Vielmehr habe er selbst um ein dringendes Treffen im Außenministerium nachgesucht, das ihm auch gewährt worden sei. „Keine „Vorladung““, schrieb der Diplomat.

Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna hatte am Samstag gemeldet, Macaire habe im Ministerium erscheinen müssen, um der iranischen Seite „einige Erklärungen“ zu geben. Die Einbestellung eines Botschafter ist eines der schärfsten Instrumente des diplomatischen Protests.

Als bisher einziges EU-Land hat Großbritannien mutmaßlichen Attacken auf zwei Tanker im Golf von Oman den Iran öffentlich dafür verantwortlich gemacht. Außenministers Jeremy Hunt hatte sich am Freitagabend entsprechend geäußert. Teheran hat alle derartigen Vorwürfe - wie sie auch US-Präsident Donald Trump erhebt - zurückgewiesen.

US-Präsident Donald Trump untermauerte am Freitag (Ortszeit) die US-Sichtweise und sagte in einem Interview mit dem Sender Fox News: „Der Iran hat es getan.“ Der geschäftsführende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan stellte in Aussicht, die US-Regierung wolle bald weitere Belege für ihre Einschätzung veröffentlichen, um international Konsens in der Frage herzustellen. Mehrere andere Staaten und internationale Organisationen hielten sich dagegen mit Schuldzuweisungen ausdrücklich zurück und forderten eine genaue Untersuchung der Vorfälle. Der Iran wies jede Schuld von sich.

Bei den Zwischenfällen nahe der Küste des Irans waren am frühen Donnerstagmorgen zwei Tanker beschädigt worden. Die „Front Altair“ geriet nach Explosionen in Brand. Auch der japanische Betreiber der „Kokuka Courageous“ berichtet von zwei Detonationen. Die genauen Umstände blieben zunächst aber unklar. Die Reederei des norwegischen Öltankers „Front Altair“ schloss mechanisches oder menschliches Versagen als Explosionsursache aus. Was die Detonation ausgelöst habe, sei aber nach wie vor unbekannt und werde untersucht, hieß es. Die Besatzung der „Front Altair“ traf am Samstag vom Iran aus in Dubai ein, wie die Reederei mitteilte.

Die betroffene Meerenge im Golf von Oman, die Straße von Hormus, ist eine der wichtigsten Seestraßen überhaupt. Sie verbindet die ölreiche Golfregion mit dem offenen Meer. Über die Strecke läuft ein großer Teil des weltweiten Öltransports per Schiff. An den Märkten herrschte Unsicherheit angesichts der Krise.

Die US-Regierung beschuldigte den Iran noch am Donnerstag, für die mutmaßlichen Angriffe verantwortlich zu sein und mutmaßte, dem Land gehe es darum, die Aufhebung der US-Sanktionen zu erzwingen.

Iran weist Anschuldigungen scharf zurück

Saudi-Arabien sprach von „Terroroperationen“. Das sunnitische Königshaus sieht im schiitischen Iran einen Erzfeind und Rivalen in der Region und verschärft seit Wochen den Ton gegenüber Teheran. Der Vorwurf lautet, dass der Iran sich in die Angelegenheiten arabischer Länder einmischt und die Region destabilisiert.

Der Iran wies die Anschuldigungen scharf zurück und sprach von grundlosen Unterstellungen. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif warf den USA wiederum vor, die Vorfälle als Vorwand zu nehmen. Schon zuvor hatte der Iran angedeutet, dass die USA und ihre Alliierten selbst für die Angriffe verantwortlich sein könnten und sie Teheran in die Schuhe schieben wollten, um einen militärischen Konflikt zu provozieren und einen Regimewechsel im Iran zu erreichen.

Die US-Regierung hatte kurz nach den Zwischenfällen zur Untermauerung der Vorwürfe gegen den Iran ein Video präsentiert, das nach der Explosion aufgenommen wurde. Es soll zeigen, wie ein Schnellboot der iranischen Revolutionsgarden auf den Tanker „Kokuka Courageous“ zufährt und die Besatzung eine nicht explodierte Haftmine vom Tankerrumpf entfernt. Eine mögliche Erklärung wäre demnach, dass der Sprengstoff geborgen werden sollte, um Spuren zu beseitigen.

Warnungen vor voreiligen Schlüssen

Trump verwies am Freitag auf dieses Video und sagte: „Nun ja, der Iran hat es getan, und sie haben es (...) getan, weil man das Schiff gesehen hat.“ Er fügte hinzu: „Sie wollten nicht, dass Beweise zurückbleiben.“

Das Video soll die US-These einer iranischen Urheberschaft bestätigen, liefert tatsächlich jedoch keine klaren Belege. Von vielen Seiten kamen Warnungen vor voreiligen Schlüssen.

Die EU gab sich in Sachen Schuldzuweisungen vorsichtig. „Wir sind dabei, die Lage zu bewerten und Informationen zu sammeln“, sagte ein EU-Beamter am Freitag in Brüssel. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich für unabhängige Untersuchungen aus.

Die britische Regierung stellte sich dagegen an die Seite der USA. Außenminister Jeremy Hunt äußerte die Überzeugung, dass die mutmaßlichen Angriffe vom Iran, von dessen Revolutionsgarden, ausgeführt wurden. Beweise legte aber auch Hunt nicht vor.

Am Samstag bestellte das iranische Außenministerium den britischen Botschafter in Teheran ein, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete. Der Leiter der Europa-Abteilung im Ministerium habe Botschafter Rob Macaire gesagt, dass die „anti-iranische“ Erklärung Hunts „inakzeptabel“ sei, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Hunt habe ohne Beweise „hastig und blind“ die amerikanischen Unterstellungen gegen den Iran wiederholt.

Der Fernsehsender CNN meldete am Freitag unter Berufung auf nicht näher genannte Kreise, in den Stunden vor den mutmaßlichen Attacken hätten sich iranische Boote laut Aufnahmen einer amerikanischen Drohne den Tankern genähert. Offizielle Angaben gab es dazu nicht.

Trump „nicht in Eile“

Shanahan sagte am Freitag in Washington, die US-Regierung sei bemüht, möglichst viele Informationen zur Untermauerung ihrer Einschätzung freizugeben und diese schnell zu veröffentlichen. Der Fokus liege darauf, „internationalen Konsens“ in der Frage herzustellen. Er betonte zugleich, es sei nötig, Notfallpläne zu erstellen, falls sich die Lage verschärfe.

Bislang betont die US-Regierung, sie setze vorerst weiter auf diplomatische und wirtschaftliche Bemühungen. Auch Trump betonte am Freitag mit Blick auf den Iran, Ziel sei es, die dortige Regierung zurück an den Verhandlungstisch zu holen. „Ich bin bereit, wenn sie es sind“, sagte er. „In der Zwischenzeit bin ich nicht in Eile.“

Die US-Regierung war im Mai 2018 im Alleingang aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Sie versucht, das Land mit massiven Wirtschaftssanktionen unter Druck zu setzen, um eine neues, strengeres Abkommen auszuhandeln. Der Iran lehnt das bislang ab. Die Führung in Teheran stellte den verbliebenen Vertragspartnern - China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland - ein Ultimatum zum 7. Juli. Entweder sie gewährleisteten bis dahin die im Abkommen versprochenen wirtschaftlichen Vorteile für den Iran oder der Iran beginne mit der zweiten Phase des Teilausstiegs aus dem Abkommen. Der Iran würde dann wieder über die bisher vereinbarte Obergrenze hinaus Uran anreichern. Bisher hält die iranische Regierung das Abkommen ein.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani sagte der russischen Agentur Interfax zufolge am Samstag auf einer Sicherheitskonferenz in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Tadschikistan, sein Land wolle sich ungeachtet der US-Sanktionen weiter im Grundsatz an das Atomabkommen halten, erwarte aber „positive Signale“. Andernfalls werde sich Teheran weiter von einigen der Verpflichtungen verabschieden. An dem gesetzten Ultimatum halte man fest. Der Iran sei aber weiterhin zu diplomatischen Verhandlungen bereit. (dpa)

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