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Auf der Flucht, aber das Bier sicher in der Hand: Szene nahe der London Bridge am Samstagabend
© dpa/Sky News

Großbritannien: Briten trotzen dem Terror auch mit Humor

Die jüngsten Terroranschläge haben Großbritannien schockiert. Doch die Briten reagieren mit einer ihrer typischen Stärken. Und ein Mann mit Bier wird zu einem Helden.

Der Terror von Manchester und der Anschlag von London haben die Briten zweifellos tief getroffen. Trost suchten viele am Sonntag beim Benefizkonzert "One Love Manchester", organisiert von der US-Sängerin Ariana Grande, nach deren Auftritt in der nordenglischen Stadt sich ein Attentäter in die Luft gesprengt und 22 Menschen in den Tod gerissen hatte.

Doch über das Wochenende zeigte sich auch eine ganz typische britische Art, mit Terror und Bedrohungen umzugehen: Die Reaktion mit dem sprichwörtlich trockenen britischen Humor.

Schon seit dem Samstagabend machte ein Foto die Runde, das einen Biertrinker im Internet zu Berühmtheit brachte. Es zeigt eine Gruppe von Menschen, die nahe der London Bridge offenbar aus einem Pub vor den Angreifern fliehen. Dabei hält der Mann stur sein halbleeres (oder halbvolles) Bierglas in der Hand und achtet darauf, keinen Tropfen zu verschütten.

"Der Kerl rechts verschüttet keinen Tropfen. Gott segne die Briten", heißt es dazu in einem Facebook-Post.

Eine ganze Flut trockener Kommentare typisch britischer Art löste dann eine Schlagzeile der "New York Times" aus. "Terrorist attacks in the heart of London leave 6 dead in a nation still reeling", titelte die Zeitung. Also übersetzt: "Terrorangriffe mit 6 Toten im Herzen Londons treffen eine Nation, die noch taumelt." Das Taumeln bezog sich darauf, dass Großbritannien gerade erst dabei war, das Attentat von Manchester zu verarbeiten.

In einer ersten Reaktion bezeichnete der Schriftsteller Robert Harris die Zeile der "NYT" als "überzogen", sie diene den Terroristen. "Großbritannien taumelt nicht", twitterte er an die Adresse der "NYT".

Unter dem Hashtag #reeling machten dann viele Briten sofort klar, dass sie gar nicht daran denken, zu taumeln. Etliche erklärten, dass sich der Begriff "reeling" auf Volkstänze in Schottland und Irland beziehe. Die Formulierung der "NYT" bedeute, "dass es am Trafalgar Square ein irisches Tanzfestival gebe".

Eine Nutzerin postete einen Blick auf London von Süden. "Niemand in dieser schönen alten Stadt taumelt", schrieb sie dazu.

Dann folgte eine Flut von ironischen Tweets, in denen Briten darstellten, was sie wirklich "taumeln" lässt. Etliche drehten sich um Tee. "Ich habe versehentlich Earl Grey statt Assam gemacht. #reeling", twitterte etwa eine Nutzerin. In einem anderen Tweet heißt es: "Habe gerade zu viel Milch in meinen Scheißtee getan. #reeling"

Sehr britisch auch diese Reaktion: "Jemand sagte gerade 'Sorry', weil er mich in der U-Bahn leicht angestoßen hat. Es ist CHAOS da draußen. #reeling"

Einen weiteren Twitterer bringt die Tatsache auf der Fassung, dass seine Weißbrotscheibe nicht ganz in den Toaster passt. Hashtag: #ThingsThatLeaveBritainReeling - "Dinge, die Großbritannien taumeln lassen"

Die Schriftstellerin Jojo Moyes brachte die Stimmung vieler Briten auf den Punkt. "Nichts macht Briten noch entschlossener, mit ihren Dingen weiterzumachen, als hysterische Kommentaren, die uns einreden wollen, dass wir taumeln."

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