zum Hauptinhalt
Israels Sicherheit ist für Deutschland Staatsräson. Deshalb unterstützt die Bundesregierung Jerusalems Waffenkäufe. Das gilt auch für den Erwerb von U-Booten.
© Jack Guez/AFP

U-Boot Deal mit Israel: Brisante Geschäfte

Korruption, Bestechung und Betrug: Warum der Kauf deutscher U-Boote Israels Politiker immer mehr in Bedrängnis bringt.

Fast hätten einige Leute in israelischen Sicherheitskreisen und in der Regierung aufatmen können. Vor Kurzem nämlich genehmigte die deutsche Bundesregierung den Verkauf von drei U-Booten an Israel – ein Deal, der wegen Bestechungs- und Korruptionsvorwürfen monatelang auf Eis lag. Das unterschriebene „Memorandum of Understanding“, eine Art Absichtserklärung, war ein Sieg der Befürworter des Kaufs dreier deutscher U-Boote von ThyssenKrupp Marine Systems.

Zumindest fast. Denn noch immer behält sich die Bundesregierung einen Rücktritt vor. Der Deal kommt nur zustande, wenn der israelische Generalstaatsanwalt die Ermittlungen einstellt und auch die Bundesregierung die Affäre für beendet erklärt. Das wiederum könnte bei einigen in Israel den Puls nach oben treiben.

Denn längst ist aus der vorläufigen polizeilichen Untersuchung zu den Bestechungs- und Betrugsvorwürfen ein Ermittlungsverfahren geworden, längst gibt es einen Kronzeugen, der auch andere Verdächtige belastet. Sogar der ehemalige Verteidigungsminister Moshe Jaalon sagte in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, er fürchte, Zeuge eines Korruptionsfalls geworden zu sein. Obendrein kommt der Fall Premierminister Benjamin Netanjahu gefährlich nahe, auch wenn gegen ihn selbst in diesem Fall nicht ermittelt wird.

Der Verdacht: Schmiergeld hat den Deal ermöglicht

Es geht um den Kauf von vier Korvetten und den Erwerb von drei deutschen U-Booten. Die vier militärischen Schnellboote sollen zu Verteidigung der neuen israelischen Gasbohrinseln im Mittelmeer eingesetzt werden. Vom Kaufpreis in Höhe von knapp 500 Millionen Euro wird die Bundesregierung 115 Millionen Euro übernehmen. Die U-Boote, deren Auslieferung noch nicht gesichert ist, sollen ältere Modelle ersetzen. Von den Kosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro würde Deutschland rund ein Drittel übernehmen. Denn für Deutschland ist Israels Sicherheit Staatsräson.

Doch bei beiden Deals soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Es besteht der Verdacht, dass Schmiergeld geflossen ist an jene im Sicherheitsapparat, die Einfluss auf die Entscheidung hatten. Beim Kauf der Korvetten wurde eine ursprüngliche Ausschreibung abgeblasen. Und: Das U-Boot-Geschäft war in Sicherheitskreisen umstritten, weil nach Ansicht einiger Experten unnötig. So erzählt Jaalon heute, sich gegen den Kauf ausgesprochen zu haben.

Der Kronzeuge war Repräsentant von ThyssenKrupp

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht Miki Ganor, graue Haare, kurzärmeliges Hemd, Brille. So ist er auf den meisten Fotos zu sehen, die im Zuge der Berichterstattung über den Fall gemacht wurden. Ganor war der Repräsentant von ThyssenKrupp in Israel und soll Schmiergeld gezahlt haben, um die Deals in Israel durchzudrücken. Mittlerweile ist er Kronzeuge, seine Strafe wird auf ein Jahr Gefängnis und eine Zahlung von knapp 2,5 Millionen Euro begrenzt, dafür zeigt er sich bei den Ermittlern gesprächig.

Wer waren die Empfänger des Geldes? Im Verdacht stehen unter anderem der ehemalige Vizeadmiral Eliezer Marom und der frühere stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Avriel Bar-Yosef sein, die den U-Boot-Deal unterstützt haben. Sie sollen Miki Ganor auch dabei geholfen haben, überhaupt erst den Job als Repräsentant von ThyssenKrupp zu bekommen – und dafür Druck auf den deutschen Schiffsbauer ausgeübt haben.

Auch David Shimron ist in Bedrängnis. Der Anwalt von Miki Ganor wird unter anderem verdächtigt, im Verteidigungsministerium Druck ausgeübt zu haben, um die Ausschreibung für die Korvetten zu stoppen. Denn anfangs war für den Kauf der Kriegsschiffe vorgesehen, Angebote verschiedener Anbieter einzuholen. Diese Ausschreibung wurde jedoch eingestellt, nachdem die Bundesregierung in Berlin signalisierte, einen Teil der Kosten bei Kauf von Schiffen bei ThyssenKrupp zu übernehmen. Miki Ganor hat Berichten zufolge bereits ausgesagt, dass 20 Prozent seiner eigenen Provision in Höhe von mehr als 38 Millionen Euro an Shimron gehen sollte.

"Ein potenzieller Interessenskonflikt"

Das Pikante daran: Shimron ist gleichzeitig persönlicher Berater, Anwalt und Cousin von Premierminister Benjamin Netanjahu. Der gibt an, von der Verbindung Shimrons nichts gewusst zu haben. Doch die Vorwürfe kommen dem Regierungschef, der in zwei anderen Korruptionsfällen unter Verdacht steht, gefährlich nahe. Netanjahu hatte den Kauf der drei U-Boote vorangetrieben – mit dem Argument, den Deal rasch vor der Bundestagswahl in Deutschland umzusetzen, mit einer Regierung unter Angela Merkel.

Uzi Arad, von 2009 bis 2011 Chef des Nationalen Sicherheitsrates, haben die Vorwürfe nach eigener Aussage überrascht. Zwar hätte es bereits 2011 in Ermittlerkreisen Gespräche über einen Korruptionsverdacht gegeben – also schon bezüglich des Kaufes des sechsten U-Bootes. Aber die Hinweise seien minimal gewesen. „Ich war schockiert zu hören, dass Netanjahus privater Anwalt in die Angelegenheit involviert ist.“

Doch selbst wenn Netanjahu tatsächlich nichts davon gewusst haben sollte, blieben Fragen. „Netanjahu wird erklären müssen, wie Korruption in seinen engsten Kreisen passieren konnte, ohne dass er davon wusste. Das ist verstörend.“

Gefälschte Beraterverträge?

Dass Korruptionsfälle bei Geschäften dieser Art überhaupt so leicht möglich sind, liegt laut Journalist und Militärexperte Yaakov Katz an der engen Verbindung zwischen Industrie, Armee und Politik. „Ehemalige Armeegeneräle und Offiziere werden Berater oder arbeiten für die Industrie, nachdem sie ihren Dienst beenden, ohne Karenzzeit. Dadurch entstehen in Israel eine Grauzone und ein potenzieller Interessenskonflikt.“

So wurde auch Vizeadmiral Eliezer Marom nach dem Ende seiner Militärkarriere Berater, und zwar von Miki Ganor. Und Kronzeuge Ganor soll bereits bestätigt haben, dass Fake-Beraterverträge geschlossen wurden, um auf diese Weise Bestechungsgeld fließen zu lassen. „Es fehlt zivile Kontrolle solcher Entscheidungen“, sagt Experte Katz.

Noch berühren Netanjahu die Ermittlungen nur peripher. Doch der ehemalige Verteidigungsminister Jaalon wirft dem Regierungschef in diesem Fall Korruption vor und plädiert für dessen Anklage. Sollte es so weit kommen, würde Netanjahu wohl auch das Gesetz nichts nützen, das ein Parteikollege derzeit vorantreiben möchte. Es soll Ermittlungen gegen amtierende Premierminister verbieten. In Fällen der nationalen Sicherheit würde es allerdings keine Anwendung finden.

Zur Startseite