Designierte Wirtschaftsministerin: Brigitte Zypries wird gebraucht, also ist sie da
Die frühere Justizministerin Brigitte Zypries soll das Wirtschaftsressort übernehmen. Die Juristin gilt als zupackende Problemlöserin und Steinmeier-Schwester im Geiste. Ein Porträt.
Fake News, falsche Nachrichten, gibt es schon länger, nur wurden sie unterhalb einer Ebene verbreitet, für die sich die politischen Spitzen interessieren. So war es zum Beispiel immer falsch, dass Brigitte Zypries in Studentenzeiten WG-Genossin des designierten Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier war, wurde aber trotzdem vielfach reportiert. Richtig daran ist, dass sie mit Steinmeier schon aus den Zeiten an der Gießener Juristen-Fakultät gut befreundet ist. Eine Freundschaft, die so stabil erscheint wie die Beziehung der 63-Jährigen zur SPD. Ein Beleg dafür dürfte sein, dass die langjährige frühere Justizministerin nun mit dem Wirtschaftsministerium wieder ein verantwortungsvolles Regierungsamt übernehmen darf.
Kein Coup also. Eher eine Verlegenheitslösung? Wenn, dann dürfte es eine größere Verlegenheit sein, aus der heraus der scheidende Parteichef Sigmar Gabriel ins Außenamt befördert wird. Zypries rückt vom Posten der Parlamentarischen Staatssekretärin auf und gilt zwar nicht als Fachfrau für Ökonomie, aber als zupackende Problembeseitigerin.
Mit diesem Ruf hatte die im Umgang sachlich-herzliche Politikerin auch das Justizressort bezogen, das sie nach Ämtern in Gerhard Schröders Hannoveraner Staatskanzlei und einem Zwischenspiel als Staatssekretärin im Innenministerium übernehmen durfte. In der Haltung ihren politischen Gefährten nicht unähnlich: Linke Vergangenheit, rechtsstaatliche Abkühlung im Jurastudium, dann pragmatischer Mitte-Kurs und Fortschrittlichkeit in Symbolfragen. Dazu zählte etwa ihr Einsatz für Homosexuellenrechte, vor allem aber eine Modernisierung des Unterhaltsrechts. In ihre Zeit fiel der Abschied vom Lebensmodell Arztgattin, die dank großzügiger Zahlungen des früheren Partners nach der Scheidung so weiterkonsumieren konnte wie zuvor. Freilich haben die Gerichte den Einschnitt etwas abgemildert, da er Frauen zu benachteiligen drohte, die für Gatten und Kinder auf eine Karriere verzichtet haben. Zugleich machte Zypries zuverlässig bei Verschärfungen von Antiterrorgesetzen mit. Die Wahrung von Bürgerrechten ist ihr eine Tugend, die man auch übertreiben kann.
Ewig möchte sie ihre Zeit wohl nicht mehr in der Politik verbringen. Seit 2005 Abgeordnete, will sie jedenfalls nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren. Deshalb ist es wohl so, wie es immer war: Sie wird gebraucht, also ist sie da.
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