Journalistin verletzt: Botschafter kehrt nach Syrien zurück
Für immer mehr mutige Journalisten aus dem Westen droht Syrien zu einer tödlichen Falle zu werden. Diplomaten und Rettungskräfte versuchen, die Betroffenen in Sicherheit zu bringen.
Der französische Botschafter Eric Chevallier ist nach Damaskus zurückgekehrt, um eine verletzte Journalistin aus Syrien herauszuholen. Das sagte ein westlicher Diplomat am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in Beirut. Die Regierung in Paris bestätigte, Chevallier, der von seiner Regierung zurückgerufen worden war, sei am Donnerstagabend nach Damaskus geflogen, um mit syrischen Verantwortlichen zu verhandeln.
Der Diplomat wollte die sichere Ausreise der in Homs verwundeten französischen Reporterin Edith Bouvier erwirken. Außerdem sollte er für den Transport der Leichen der Reporterin Marie Colvin und des französischen Fotografen Rémi Ochlik sorgen. Colvin und Ochlik waren am vergangenen Mittwoch bei einem Artillerieangriff auf die Protesthochburg Homs getötet worden.
Bouvier erlitt bei dem gleichen Angriff eine schwere Verletzung an einem Bein. In einem Video, das am Donnerstag im Internet veröffentlicht wurde, bittet die Verletzte die französische Regierung, sie mit einem Krankenwagen in den Libanon zu bringen, da sie dringend operiert werden müsse. An ihrer Seite steht in dem Video der französische Fotograf William Daniels.
Nicht offiziell bestätigt wurde zunächst ein Bericht syrischer Aktivisten, die erklärten, am Freitagabend sei ein Krankenwagen des Roten Kreuzes vor einer Behelfsklinik in dem belagerten Viertel Baba Amro in Homs eingetroffen, um Bouvier abzuholen. Sie berichteten, in der Klinik sei es daraufhin zu Diskussionen darüber gekommen, ob es vertretbar sei, nur verletzte Ausländer abzuholen, während schwer verletzte Syrer ohne Behandlung blieben.
Da die syrische Regierung ausländischen Journalisten keinen freien Zugang zu den Konfliktregionen gewährt, reisen einige Reporter ohne Visum aus dem Libanon oder aus der Türkei nach Syrien ein. Keine Beweise gibt es für die in syrischen Oppositionskreisen kursierende Theorie, die Truppen von Präsident Baschar al-Assad hätten die Journalisten in der belagerten Stadt Homs durch die Signale ihrer Satellitentelefone geortet und dann gezielt unter Beschuss genommen.
Beide wirken gefasst und liegen in dunklen Zimmern unter Wolldecken. „Ich bin momentan in der Obhut von Ärzten der Freien Syrischen Armee, die mich so gut es geht versorgen“, sagt der britische Fotograph Paul Conroy von der „Sunday Times“. Ein junger syrischer Arzt mit im Raum erklärt die Art der Verletzungen, eine andere Stimme versichert, der Verwundete sei in einem sicheren Versteck. Conroy hat drei tiefe Wunden am linken Bein, die französische Journalistin Edith Bouvier von der Zeitung „Le Figaro“ eine offene Fraktur am Oberschenkel, die dringend operiert werden muss. Die Wunde ist so schwer, dass sie daran sterben kann, sagt der Mediziner.
Bouvier und Conroy bitten ihre Regierungen inständig, alles zu tun, um sie aus Homs zu evakuieren. Die Grenze zum Libanon ist etwa dreißig Kilometer entfernt. Im von den Aufständischen kontrollierten Stadtteil Baba Amr in Homs gibt es weder Strom, noch Heizung oder Wasser und kaum etwas zu essen. Während der kurzen Videoaufzeichnungen sind dumpfe Explosionen zu hören. Auch die Leichen der am Mittwoch getöteten britischen Reporterin Marie Colvin und des französischen Fotographen Remi Ochlik konnten in dem Trommelfeuer von Assads Armee und dem Dauerbeschuss durch Scharfschützen bisher nicht geborgen werden.
Seit Beginn des syrischen Aufstands sind neun ausländische und syrische Journalisten bei ihrer Arbeit ums Leben gekommen. Bei einem ähnlich schweren Vorfall im libyschen Bürgerkrieg waren im April 2011 in Misrata der britische Vanity-Fair-Fotograph Tim Hetherington sowie sein amerikanischer Kollege Chris Hondros durch eine Granate getötet worden. Zwei weitere Journalisten wurden damals schwer verletzt und über das Mittelmeer nach Benghazi evakuiert. (mit dpa)
Martin Gehlen
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