Nicht die feine englische Art: Boris Johnson legt vor Macron den Fuß auf den Tisch
Der britische Premier ist für unkonventionelles Benehmen bekannt. Beim Besuch in Paris scherzt er mit dem Gastgeber über die Funktion eines Beistelltischs.
Lässige Körperhaltung, schelmischer Blick und einen Fuß auf dem Tisch des französischen Präsidenten: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson kassiert online böse Kommentare für dieses Foto.
Ein Video der Nachrichtenagentur Reuters zeigt Johnson witzelnd mit Macron über den Beistelltisch, sein Bein schnellt sekundenschnell hoch, woraufhin Macron ihn scherzhaft zurechtweist.
Johnson ist zwar für seinen unkonventionellen Stil als Politiker bekannt - einigen Nutzern des Netzwerks Twitter, in dem das Bild auch verbreitet wurde, war das Verhalten aber offenbar zu flapsig. An der britischen Elite-Schule Eton, die Johnson besucht hat, würden anscheinend keine Manieren gelehrt, kommentierte eine Nutzerin.
Andere gaben dem Premier den Spitznamen „Boorish Johnson“ - „boorish“ wird mit flegelhaft übersetzt.
Johnson habe sich für einen eher „informellen Ansatz“ entschieden, als er sich mit Macron zusammensetzte, schrieb die britische Tageszeitung „The Guardian“.
Mit Johnsons Vorgängerin Theresa May wäre das niemals passiert, so die Zeitung. Das Treffen zwischen Johnson und Macron galt dem geplanten Brexit. Er wolle "eindeutig klarstellen", sagte Johnson, dass er ein Abkommen mit der EU schließen wolle. Das Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel am Mittwoch habe ihn "stark ermutigt", fügte er hinzu.
Dogmatismus gefährdet Großbritannien
In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel warnt der ehemalige britische Gouverneur von Hongkong, vor dem ignoranten Vorgehen der britischen Regierung.
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Chris Patten schreibt: „90.000 Mitglieder der Konservativen, deren Ansichten angesichts schrumpfender Zahlen extremer geworden sind, haben kürzlich Boris Johnson zu ihrem neuen Parteivorsitzenden und damit zum neuen Premierminister des Landes gewählt.
Damit haben sie sich für einen verlogenen Opportunisten entschieden. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Johnson sich nach oben gelogen hat – erst als Journalist und dann in der Politik. Seinen Aufstieg verdankt er allein der wachsenden Fremdenfeindlichkeit und dem zunehmenden englischen Nationalismus, dem sich viele Konservative nun verschrieben haben.“
Johnson sei Premierminister, weil er versprochen habe, bis Ende Oktober den Brexit herbeizuführen, schreibt Patten. Und weiter: „Dabei hat er der Welt in unverantwortlicher Weise versichert, dass er das Vereinigte Königreich ungeachtet der Folgen mit oder ohne Austrittsvertrag aus der Europäischen Union herausziehen würde.“
Patten kommt schließlich zu dem Schluss: „Angesichts eines immer näher kommenden Brexits sind Großbritanniens Institutionen, seine wirtschaftlichen Aussichten, seine Verfassung und seine Zukunft sämtlich in Gefahr. Doch die unverantwortliche Talfahrt in Richtung Selbsttäuschung und Lügen setzt sich ungebremst fort.“ (jni,dpa)