Festnahme wegen Spionageverdacht: BND-Mitarbeiter spionierte im NSA-Ausschuss für USA
Ein Mitarbeiter des BND wurde unter Verdacht der Agententätigkeit festgenommen. Er soll Informationen über den NSA-Ausschuss an einen US-Geheimdienst weitergegeben haben. Das Auswärtige Amt hat den US-Botschafter einbestellt.
Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Deutschland und den USA werden durch einen Spionagefall schwer belastet. Ein 31-jähriger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) steht im Verdacht, seit zwei Jahren geheime Unterlagen an den US-Geheimdienst weitergegeben zu haben. Darunter sollen nach seiner eigenen Darstellung auch Unterlagen für den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages gewesen sein. Die Bundesregierung sprach von einem „sehr ernsthaften“ Vorgang, Parlamentarier reagierten empört.
Am Freitagnachmittag wurde der Botschafter der USA, John B. Emerson, ins Auswärtige Amt gebeten worden. Staatssekretär Stephan Steinlein habe ihn bei dem Gespräch gebeten, „an einer zügigen Aufklärung mitzuwirken“, teilte das Auswärtige Amt mit.
Der BND-Mitarbeiter flog offenbar auf, als das für Gegenspionage zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz mitbekam, dass der Mann in Kontakt zu einem russischen Geheimdienst stand. Er war nach Angaben aus politischen und Ermittlerkreisen im Stab einer Fachabteilung des Nachrichtendienstes tätig, zählte aber nicht zum Leitungsstab von Präsident Gerhard Schindler. Direkten Zugang zum Bundestag und zum NSA-Ausschuss hatte er offenbar nicht. Der Mann wurde in der Region München festgenommen. In seiner Vernehmung gab er an, seit zwei Jahren Dokumente an einen US-Dienst verkauft zu haben. Nach einem „Bild“-Bericht soll er sich selbst der US-Botschaft in Berlin als Informant angeboten haben. Die Aussage wird derzeit überprüft.
Seibert: Regierung nimmt Vorgang nicht auf leichte Schulter
Generalbundesanwalt Harald Range hatte am Donnerstag nur mitgeteilt, dass ein 31-jähriger Deutscher wegen Spionage in Untersuchungshaft genommen worden sei. Am Abend wurde das Parlamentarische Kontrollgremium gemeinsam mit den Obleuten des gerade tagenden NSA-Ausschusses unterrichtet. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte am gleichen Abend mit US-Präsident Barack Obama. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte nicht sagen, ob sie den Fall dabei angesprochen hat. Er versicherte aber, die Regierung nehme den Vorgang nicht auf die leichte Schulter. US-Stellen verweigerten jeden Kommentar.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach von einem „unerhörten Angriff auf die Freiheit des Parlaments“. Die USA hätten eine „Bringschuld“ bei der Aufklärung. Der CDU-Innenpolitiker Stephan Meyer sagte, der Fall errege Besorgnis. Allerdings warne er vor vorschnellen Verdächtigungen.
Der NSA-Ausschuss ahnte, dass die USA sich für ihn interessieren
Die Opposition forderte eine deutliche Reaktion der Bundesregierung und des Bundestags. „Das Parlament muss jetzt zeigen, dass es die Dienste begrenzt und kontrolliert, und nicht die Dienste das Parlaments“, erklärte der Grünen-Obmann im NSA-Ausschuss, Konstantin von Notz. Die Linkspartei forderte, Generalbundesanwalt Range müsse nunmehr auch wegen des Verdachts auf Massenausspähung deutscher Bürger ermitteln.
Auch Sicherheitsbehörden sind verärgert. Wenn Amerikaner einen BND-Mitarbeiter abschöpften, sei das „ein über die Maßen unfreundlicher Akt“, sagte ein hochrangiger Sicherheitsexperte. Im NSA-Ausschuss wurde allerdings von Anfang an damit gerechnet, dass sich der US-Dienst für seine Arbeit und die dort benutzten Geheimpapiere interessiert. Die Obleute der Fraktionen sind mit Krypto-Handys ausgestattet.
Lesen Sie hier, warum der ehemalige NSA-Mitarbeiter Thomas Drake den BND als "Wurmfortsatz" des US-Geheimdienstes bezeichnet.
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